Hohe Zahl an Frühpensionisten senkt die Arbeitslosenzahlen.
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Wien. Der Arbeitsmarkt und das Pensionssystem sind kommunizierende Gefäße, sagt Wolfgang Mazal, Arbeits- und Sozialrechtler an der Universität Wien, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" und fordert einen völlig neuen Blickwinkel auf die Problematik der Frühpensionen.
Die Österreicher gehen im Durchschnitt mit 58,3 Jahren in Pension - bei einem gesetzlichen Pensionsalter von 65 (Männer) und 60 Jahren (Frauen). Gleichzeitig beträgt die Arbeitslosenrate nur 4,4 Prozent, womit Österreich europaweit am besten abschneidet. Die geringe Arbeitslosigkeit in Österreich spreche zwar für sich, gibt der Rating-Analyst für Österreich bei Standard & Poor’s, Alois Strasser, zu. Gleichzeitig weist auch er darauf hin, dass ein Teil der guten Arbeitsmarktdaten auf die frühen Pensionierungen zurückzuführen ist.
In der EU wundert man sich teilweise schon darüber, wie stolz Österreich seine Arbeitsmarktdaten vor sich her trägt, obwohl jeder weiß, dass das Problem der älteren Arbeitnehmer über die Frühpension gelöst und Jugendarbeitslosigkeit auch über den freien Uni-Zugang aufgefangen wird.
"Wir brauchen dringend Veränderungen in der Lohnsystematik, um marktgerechte Löhne bei gleichzeitiger Sicherung der Employability in älteren Jahren zu haben", sagt Mazal. Wobei er unter "älteren Jahren" Menschen ab 53 Jahren versteht. Ein Bündel von Maßnahmen müsse geschaffen werden, um die Menschen länger im Beruf zu halten - das sei auch wichtig für das Selbstwertgefühl. Eine Möglichkeit böten die Kollektivverträge: Ältere Arbeitnehmer sollten billiger, jüngere teurer gemacht werden, schlägt Mazal vor. Jetzt würden Menschen ab 55 häufig hinausgemobbt und durch jüngere, billigere Arbeitnehmer ersetzt. Und das, obwohl sowohl Junge wie Alte wichtige Kompetenzen in den Job einbringen könnten. "Wir müssen uns hinsetzen, nachdenken und vieles neu machen", sagt Mazal.
Arbeitsgruppen beraten
Anscheinend geschieht auch schon einiges. Die Sozialpartner haben erst in der Vorwoche in Bad Ischl ein Paket geschnürt, mit dem es gelingen soll, das Pensionsantrittsalter innerhalb von zehn Jahren um zwei Jahre zu erhöhen. Zwei Arbeitsgruppen zur Umsetzung der Vorschläge arbeiten bereits "auf Hochdruck", wie es heißt. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit Arbeitsmarktmaßnahmen und eine mit Pensionssystemmaßnahmen.
In der ÖVP gibt es jedenfalls heftige Bedenken gegen das vorgeschlagene Prämienmodell. Dieses besagt, dass Menschen, die bereits einen Pensionsbescheid in Händen halten, aber dennoch weiter arbeiten, einen Jahresbonus zwischen 2000 und 4000 Euro erhalten sollen.
Das betrifft vor allem die Hacklerregelung und Korridorpensionen. Der ÖVP-Seniorenbund sieht da ein Problem für Frauen: Die Korridorpension kann erst ab 62 Jahren bezogen werden, Frauen haben aber ein gesetzliches Pensionsalter von 60 Jahren- außer Beamtinnen (65). Andreas Khol, Obmann der ÖVP-Senioren, schlägt daher ein anderes Modell vor. Menschen, die über das gesetzliche Pensionsalter hinaus arbeiten, sollen pro Jahr 12 Prozent mehr Pension erwerben. Wenn eine Frau erst mit 65 anstatt mit 60 in Pension geht, erwirbt sie 60 Prozent mehr Pension.
Im Budget wirken sich die Frühpensionen - neben der sinkenden Lohnsumme - im steigenden Bundesbeitrag zu den Pensionen aus. Für das kommende Jahr hat Finanzministerin Maria Fekter 19,1 Milliarden Euro Bundeszuschuss zu den Pensionen vorgesehen. Inkludiert in den Annahmen ist auch eine Pensionserhöhung um 2,7 Prozent.
Bereits kommenden Donnerstag tritt die Pensionskommission zusammen und wird vor Beginn der Pensionsverhandlungen noch einmal eine Empfehlung zur Pensionserhöhung abgeben. Es ist davon auszugehen, dass es bei den 2,7 Prozent bleibt (durchschnittliche Inflation von August 2010 bis Juli 2011). Aber die Senioren fordern, dass auch Neupensionisten - sie erhalten die erste Pensionsanpassung erst 23 Monate nach Pensionsantritt - zumindest eine aliquote Erhöhung bekommen.