Derzeit 372.000 Menschen ohne Job – erste Öffnungsschritte lassen auf positive Entwicklung hoffen.
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Am heimischen Arbeitsmarkt haben sich die negativen Auswirkungen des dreiwöchigen Lockdowns weitgehend in Grenzen gehalten. Arbeitsminister Martin Kocher zog am Dienstag Bilanz. "Der Lockdown ist am Arbeitsmarkt nicht spurlos vorübergegangen, aber die Effekte waren schwächer als erwartet", erklärte der frühere Chef des Instituts für Höhere Studien in einer virtuellen Pressekonferenz.
Ohne Job sind in Österreich derzeit rund 372.000 Menschen – um circa 2.200 mehr als in der Vorwoche, aber um etwa 104.000 weniger als vor einem Jahr. Laut Kocher entspricht das aktuelle Niveau bei den Arbeitslosenzahlen ungefähr dem Niveau von vor zwei Jahren, als von der Corona-Pandemie noch keine Rede war.
Zur Kurzarbeit angemeldet sind gegenwärtig rund 108.800 Personen (in der Vorwoche waren es rund 90.500). Kocher geht davon aus, dass diese Zahl aufgrund rückwirkender Anträge noch steigen wird. Mit Blick auf die ersten Öffnungsschritte rechnet der ÖVP-Minister unter dem Strich aber mit positiven Effekten für die weitere Entwicklung des Arbeitsmarkts.
Weniger Langzeitarbeitslose
Dass die Belastungen für den Arbeitsmarkt beim vierten Lockdown nicht so schwerwiegend waren wie bei den vorherigen Schließungen, hat aus Kochers Sicht mehrere Gründe. Zum einen sei dieser Lockdown relativ kurz gewesen. Zum anderen sei Österreich mit einer hohen Zahl an offenen Stellen im Handel, am Bau und in der Produktion in den Lockdown gestartet. Gut auf ihn eingestellt hätten sich aber auch die Wirtschaft und die Konsumenten. Viele Aktivitäten seien möglich gewesen – etwa Einkäufe mittels "Click & Collect", so der Minister.
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Aktuelle Zahlen verkündete Kocher auch zu den AMS-Programmen. So hätten im Rahmen der Corona-Joboffensive mehr als 185.000 Personen eine Aus- und Weiterbildung erhalten, fast 100.000 davon hätten sie inzwischen abgeschlossen. Daneben sei es dem Arbeitsmarktservice vor allem mithilfe des Programms "Sprungbrett" gelungen, die Zahl der Langzeitarbeitslosen seit April – da lag sie bei etwa 48.000 Betroffenen – um rund 37.000 zu senken, so Kocher.
Degressives Arbeitslosengeld
Weiter läuft unterdessen das Projekt, die Arbeitslosenversicherung neu aufzustellen. "Der Reformdialog ist noch nicht zu Ende", sagte Kocher. Da es darum gehe, ein "austariertes Gesamtpaket" vorzulegen, könnte sich der Zeitplan etwas nach hinten – ins zweite Quartal 2022 – verschieben, berichtete er weiter.
Zu den voraussichtlichen drei Eckpunkten der geplanten Reform zählt eine degressive Gestaltung des Arbeitslosengeldes. In der ersten Phase der Arbeitslosigkeit soll es mehr Geld geben und danach stufenweise weniger. Wie diese Stufen aussehen sollen, ist ebenso noch in Diskussion wie die beiden anderen Eckpunkte: eine Weiterentwicklung der Sanktionsmöglichkeiten des AMS und eine "Differenzierung" bei den Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose. Laut Kocher sollte der Zuverdienst "auf die Arbeitslosigkeit nicht verlängernd wirken".
Debatte um Insolvenzfonds
Was der Arbeitsminister derzeit ebenfalls am Plan hat: Die Arbeitgeberbeiträge zum Insolvenzentgeltsicherungsfonds, der das Einkommen von Arbeitnehmern pleitegegangener Betriebe sichert, sollen halbiert werden. Das würde die Arbeitgeber um circa 125 Millionen Euro pro Jahr entlasten.
Kritik kommt von SPÖ und der Gewerkschaft. Kocher verteidigt sein Vorhaben damit, dass die – negativ verzinsten – Rücklagen des Fonds mit mehr als 800 Millionen Euro "so hoch" seien, dass sein Ressort gesetzlich verpflichtet sei, eine Anpassung der Beiträge zu prüfen. Für die nächsten Jahre sei der Fonds ausreichend dotiert, betonte Kocher. Sollte es nötig sein, könnten die Beiträge wieder erhöht werden.