Betriebsräte und Trainer halten die Zahl von 1200 Kündigungen für "untertrieben".
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Wien. Nicht erst seit dem Sommer 2015 und der Flüchtlingsbewegung leisten sie essenzielle Arbeit für die Integration: Die Deutschtrainer der privaten Institute, die für das Arbeitsmarktservice (AMS) Deutschkurse abwickeln. Die "Wiener Zeitung" berichtete in den letzten beiden Jahren ausführlich über die zahlreichen Missstände, mit denen die Trainer bei ihrer Arbeit konfrontiert werden - von viel zu geringer Bezahlung über massiven Zeitdruck und fehlende Unterstützung im psychosozialen Bereich, Stichwort Kriegstraumata.
Aufgrund der massiven Kürzungen im kommenden Budget des AMS und der damit verbundenen Reduktion der Deutschkurse stehen nun tausende Deutschtrainer vor der Kündigung. Rund 1200 sollen es laut FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein sein, diese Zahl aber halten viele Betriebsräte und Trainer für untertrieben. Nun soll eine "stiftungsähnliche Maßnahme" die Gekündigten auffangen und ihnen eine neue Perspektive geben.
Streit um Bedarf an Deutschkursen
900 Trainer und 300 Sprachlehrer werden ihre Jobs verlieren, sagte Hartinger-Klein laut Parlamentskorrespondenz am vergangenen Dienstag im Rechnungshofausschuss. "300 Deutschtrainer gibt es alleine in Wien", sagt dazu einer der Betroffenen.
Die Zahl von 1200 Betroffenen sei eine "Schätzung, auf die sich die Sozialpartner geeinigt haben". Wie viele es tatsächlich sind, werde man erst zu Beginn des Sommers 2019 sehen. Wie viel die Arbeitgeber, also die privaten Weiterbildungsinstitute in die Stiftung einzahlen, ist laut den betroffenen Trainern noch offen, das Ö1-"Mittagsjournal" berichtete von jeweils ungefähr der Hälfte der Mittel von Arbeitgeberseite und vom AMS.
Dotiert werden soll die Konstruktion mit bis zu 14 Millionen Euro. Am 4. Dezember soll die stiftungsähnliche Maßnahme im AMS-Verwaltungsrat beschlossen werden. Die Betroffenen könnten bis zu drei Jahre Arbeitslosengeld beziehen, wenn sie an entsprechenden AMS-(Um-)Schulungsmaßnahmen teilnehmen. Die Einsparungen bei den Deutschkursen und den Trainern sei nötig, weil "weniger Flüchtlinge nach Österreich kommen" und daher auch weniger Kurse benötigt würden, erklärt die Sozialministerin wiederholt. Sowohl die Vertreter der privaten Bildungsinstitute als auch die Trainer selbst stellen das in Abrede. Sie verweisen auf die gleichzeitig beschlossenen Kürzungen bei der Mindestsicherung.
Drittstaatsangehörige, damit auch erst seit kurzem im Land befindliche Geflüchtete ohne Arbeit, müssen das Deutschniveau B1 beherrschen und nachweisen können, ansonsten droht ihnen eine Kürzung der Mindestsicherung um monatlich 300 Euro. Das sieht der Mindestsicherungs-Entwurf der Regierung vor. Gleichzeitig werden in den kommenden Monaten 60 Prozent der bisher vom AMS bzw. den privaten Instituten angebotenen Deutschkurse wegfallen. Woher also das Kursangebot künftig kommen wird, ist genau so offen wie die Frage, wer dann dafür bezahlt.
Kleinen Bildungsinstituten droht das AUS
Zumindest die Deutschtrainer müssen nun in den kommenden Jahren nicht um ihre persönliche Existenz bangen. Michael Sturm, Chef des Berufsförderungsinstituts (BFI) und Vorsitzender der ArbeitgeberInnen privater Bildungseinrichtungen (BABE), begrüßt die Pläne zur Stiftungserrichtung. Erfreut zeigt sich auch die Gewerkschaft. Karl Dürtscher, GPA-djp-Bundesgeschäftsführer, begrüßt die Entscheidung ebenso, hofft aber gleichzeitig, dass es "keine Stolpersteine" mehr gebe und am 4. Dezember ein entsprechender Beschluss auch tatsächlich gefasst wird.
Gibt es keine Nachbesserungen im AMS-Budget, stehen auch einige der kleineren privaten Bildungsinstitute vor dem wirtschaftlichen Aus. Das lange Hin- und Her beim AMS-Budget habe die Situation noch zusätzlich verschärft, heißt es.