Arbeiterkammer kritisiert steigenden Druck und unentlohnte Überstunden.
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Wien. Sie arbeiten samstags bis 18 Uhr an der Supermarktkassa, servieren den Hotelgästen das Sonntagsfrühstück oder haben Wochenenddienst im Spital: Die österreichischen Beschäftigten arbeiten zunehmend auch am Wochenende. Besonders den Arbeitnehmern im Handel, Tourismus oder Gesundheits- und Pflegebereich steht das Wochenende oft nicht zur freien Verfügung.
Gaben vor einem Jahr noch 17 Prozent der Beschäftigten an, häufig am Samstag zu arbeiten, sind es nun 22 Prozent, wie der Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich zeigt. Bei der Sonntagsarbeit ist dieser Anteil von neun auf zwölf Prozent gestiegen. Eine Erklärung dafür sei, dass die Beschäftigung in den Branchen mit Wochenendarbeit zunimmt. Besonders für Frauen bis 25 Jahre gehört Samstagsarbeit zum Berufsalltag.
Industrie für Flexibilisierung
Gleichzeitig ist die Zufriedenheit mit der Arbeitszeitregelung in den vergangenen 16 Jahren gesunken, derzeit sind 74 Prozent der Beschäftigten mit ihren Arbeitszeiten zufrieden. 2008 waren es noch mehr als 80 Prozent. Besonders Beschäftigte mit Schicht-, Nacht- und Wochenenddiensten sind unzufrieden. Sie haben mehr Zeitdruck, höhere körperliche und psychische Belastungen und können Privat- und Berufsleben oft schwer unter einen Hut bringen, heißt es von der AK.
"Die sinkende Arbeitszufriedenheit ist ein Alarmsignal, dass die Grenzen der Arbeitszeitflexibilität ausgereizt sind", sagt Johann Kalliauer, Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich. In manchen Branchen sei die Grenze des Zumutbaren bereits erreicht.
Die Industriellenvereinigung spricht sich hingegen immer wieder dafür aus, die Arbeitszeitregelungen noch flexibler zu gestalten. Damit sollen Unternehmen rasch auf Nachfrageschwankungen reagieren können. Die gesetzliche Tageshöchstarbeitszeit von zehn Stunden wird beispielsweise als vielfach nicht praktikabel angesehen.
Ein Euro pro Überstunde
Mehr als zwei Drittel der Arbeitnehmer machen gelegentlich oder häufig Überstunden. "Drei Viertel der Beschäftigten, die häufig Überstunden machen, wollen ihre Arbeitszeit reduzieren - dafür nehmen sie auch weniger Einkommen in Kauf", sagt Georg Michenthaler vom Ifes-Institut. Bei einem gewissen Arbeitspensum sei ein Limit erreicht, bei dem Geld das Mehr an Arbeitszeit nicht mehr ausgleichen kann.
Kalliauer kritisiert, dass ein Fünftel der jährlich 300 Millionen geleisteten Überstunden weder durch Geld noch durch Zeitausgleich abgegolten werden: "Damit holen sich die Unternehmen jedes Jahr ein Körberlgeld von bis zu 1,3 Milliarden Euro."
Die Arbeiterkammer Oberösterreich fordert weniger Überstunden und eine Abgabe auf Überstunden für Unternehmen, die Mehrarbeit unattraktiver werden lässt: Pro Überstunde sollen Betriebe einen Euro für Arbeitsmarkt- und Gesundheitsmaßnahmen an den Staat abführen. Angesichts von All-In-Verträgen und nicht aufgezeichneten Überstunden scheint dieser Vorschlag allerdings schwer umsetzbar.
"Noch immer ist es in Österreich günstiger, wenige Angestellte auszupressen, als neue Mitarbeiter einzustellen. Es braucht daher endlich eine deutliche Verteuerung von Mehr- und Überstunden", kritisiert auch die Arbeitnehmersprecherin der Grünen, Birgit Schatz, am Dienstag in einer Aussendung. Sie fordert eine Verdoppelung der Zuschläge auf Über- und Mehrstunden sowie die Anhebung der Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitarbeit auf das gleiche Niveau wie die Überstundenzuschläge. Geht es nach den Grünen, sollen All-In-Verträge abgeschafft werden.