Im Durchschnitt 3,46 Prozent mehr Lohn für Metaller. Experten erwarten heuer "tendenziell höhere Abschlüsse".
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Wien. Ein Gehaltsplus von durchschnittlich 3,46 Prozent, für die untersten Gehälter 4,3 Prozent und für Lehrlinge bis zu zehn Prozent sowie hohe Zuschläge für die elfte und zwölfte Stunde Arbeit: Das ist das Ergebnis von 64 Verhandlungsstunden in sieben Verhandlungsrunden zum Kollektivvertrag im Metallerbereich, das am Sonntag am späten Abend feststand. Konkret sind davon zwar nur die rund 130.000 Beschäftigten in 1200 Betrieben der Metalltechnischen Industrie betroffen, der Abschluss gilt aber grundsätzlich für alle Lohnrunden als richtungsweisend - speziell für die 60.000 weiteren Metaller in anderen Teilbereichen.
Wirtschaftsexperten sahen am Montag im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" gewisse Auswirkungen auf die nun folgenden Kollektivvertragsverhandlungen in weiteren Branchen. Außerdem haben die Forderungen der Gewerkschaft nach Kompensationen für das von der ÖVP-FPÖ-Koalition beschlossene Arbeitszeitgesetz mit der Möglichkeit des 12-Stunden-Tages Spuren hinterlassen.
Das Thema Arbeitszeit wird wohl nicht mehr angerissen
"Teurer ist es auf jeden Fall", meinte Thomas Leoni vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Er bezog sich dabei darauf, dass es neben dem Lohnabschluss weitere Abmachungen gegeben hat. Dazu zählen die höhere Abgeltung ab der elften Arbeitsstunde oder die zusätzliche bezahlte Pause. Er könne aber nicht beurteilen, wie sehr das tatsächlich in Anspruch genommen werde.
Umgekehrt sei aber auch das Zeitkontomodell, ein Anliegen der Arbeitgeber für flexiblere Arbeitszeiten, mit dem jetzigen Abschluss unbefristet übernommen worden. Ein Signal sei auch, dass die Lehrlingsentschädigung deutlich angehoben worden sei, weil man dem Fachkräftemangel vorbeugen wolle. Er glaube, dass das Thema Arbeitszeit damit in dem Bereich nicht mehr angerissen werden müsse: "Damit können beide Seiten leben."
"Sonst wäre der Lohnabschluss geringer ausgefallen"
Der Abschluss für die Metalltechnische Industrie könne anhand der Kennzahlen Inflation und Produktivität "gut argumentiert" werden, betonte der Wifo-Experte. Zu den Auswirkungen sagte Leoni: "Es zeigt sich, dass man tendenziell mit höheren Abschlüssen als im Vorjahr rechnen kann." Die Arbeitszeit werde auch in anderen Branchen auf den Verhandlungstisch kommen, allerdings in jeweils unterschiedlicher Form.
"Wahrscheinlich wäre der Lohnabschluss etwas geringer ausgefallen": Für Helmut Hofer, Arbeitsmarktexperte des Instituts für Höhere Studien (IHS), hat das Arbeitszeitgesetz Einfluss auf die Metaller-Lohnrunde gehabt. Denn sonst hätte die Gewerkschaft nicht von Beginn an eine Erhöhung um fünf Prozent gefordert: "Die Gewerkschaft hat natürlich schon Druck gehabt."
Allerdings glaube er insofern nicht an besondere Verteuerungen für Betriebe, weil die neuen Arbeitszeiten "eher die Ausnahme" sein würden. Die Gewerkschaft werde zwar die Arbeitszeit auch in anderen Branchen "spielen". Im Handel gebe es aber sehr viele Teilzeitbeschäftigte, die von der Thematik elfte oder zwölfte Stunde nicht betroffen seien.
Ähnlich wie Leoni rechnet Hofer mit Folgen des Metallerabschlusses mit im Durchschnitt 3,46 Prozent für weitere Branchen: "Orientierungswirkung ja, aber nicht in der Höhe." Zu den Metallern selbst meint er, so starke Produktivitätssteigerungen werde es im nächsten Jahr nicht mehr geben: "Von dem her gesehen ist er am oberen Rand." Nehme man die vergangene Entwicklung her, sei der Abschluss "durchaus okay".
Mit der Einigung in der Metalltechnischen Industrie wurden angedrohte großflächigere Streiks abgewendet. Dass die Fronten verhärtet schienen, vielleicht sogar Warnstreiks stattfinden und man sich dann schließlich doch einigt, hat freilich Tradition - dass das Gehaltsplus nun rückwirkend mit 1. November durchschnittlich 3,46 Prozent beträgt, ist aber im Vergleich zu den Vorjahren außergewöhnlich hoch. In Zahlen bedeutet das bei den Mindestlöhnen, die um 4,3 Prozent steigen, dass es um mindestens 80 Euro mehr Gehalt pro Monat gibt. Der Chefverhandler der Gewerkschaft Pro-Ge, Rainer Wimmer, nannte das Ergebnis eine "tolle Geschichte". Zuletzt war es im Jahr 2012 mit durchschnittlich 4,2 Prozent höher und davor 2009 mit 3,9 Prozent.
Auch auf Arbeitgeberseite gab man sich relativ zufrieden. "Dieses Paket ist eine Anerkennung für die Leistungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", sagte Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie. "Sie erhalten damit bei einer aktuellen Inflationsrate von rund zwei Prozent einen deutlichen Reallohnzuwachs" - angesichts der sich eintrübenden Konjunkturprognosen allerdings am Limit.
Vor allem mit den Zuschlägen für die elfte und zwölfte Stunde Arbeit scheinen die Arbeitgeber einen hohen Preis bezahlt zu haben. Konkret muss für die elfte und zwölfte Stunde ein 100-prozentiger Zuschlag gezahlt werden. Zudem gibt es eine bezahlte Pause von zehn Minuten, wenn jemand die elfte und zwölfte Stunde beziehungsweise die 51. Stunde in der Woche arbeiten muss, und für Gleitzeitmitarbeiter wurden sechs bezahlte Gleittage im Jahr fixiert.
Im Handel startet die dritte Verhandlungsrunde
Ganz so massiv seien die Einbußen dann aber doch wieder nicht, stellte dazu kurz nach Bekanntwerden des Ergebnisses die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) klar. "In den KV-Verhandlungen wurde mit den Gewerkschaften lediglich vereinbart, dass im Falle einer Anordnung von Arbeitsstunden nach dem Ende der Normalzeit ab dem Zeitpunkt der Anordnung bei gleitender Arbeitszeit Überstunden vorliegen", hieß es von der Bundessparte Industrie der Arbeitgeberabteilung in der WKÖ. "Eine Regelung, wonach für die elfte und zwölfte Arbeitsstunde bei Gleitzeit in allen Fällen automatisch ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent gebührt, wurde entgegen diverser unrichtiger Berichterstattungen nie vereinbart, erst recht nicht für die 51. bis 60. Arbeitsstunde."
Auch die Industriellenvereinigung begrüße grundsätzlich die Einigung, hieß es auf Nachfrage. "Weil es nun Konsens und Klarheit gibt."
Schon heute, Dienstag, geht es in der dritten Verhandlungsrunde um die Löhne von rund 400.000 Handelsangestellten. Auch dort bringt die Gewerkschaft neben einer Reallohnerhöhung Gegenforderungen zur Arbeitszeit (Vier-Tage-Woche, Bildungskarenz) auf den Tisch. Harte Fronten gibt es auch bei den Bahnbediensteten, bei denen diese Woche ebenfalls weiterverhandelt wird.
Alle KV-Abschlüsse betreffen immer den Bruttolohn. Netto bringe der Abschluss einem Arbeiter mit Durchschnittslohn nur 2,8 Prozent mehr am Lohnzettel, kritisiert die Agenda Austria. Abgaben und Steuern würden dagegen um 4,2 Prozent steigen. "Hauptgewinner ist also der Staat", so der Schluss der Agenda Austria.
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