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Heitere Zeiten sind angebrochen. Schon in den letzten Wochen durften die Lachmuskeln aufgewärmt werden, nun gilt es, die schwersten Bewerbe des (un)freiwilligen Humors zu überstehen. In deutschen Landen bedeutet der Fasching unverständliche Monologe, viel Gesang und kollektives Amüsement mit und ohne Verkleidungszwang. Die Schunkelkultur, die durch zahllose Übertragungen diverser Sender auf uns niederprasselt - am Mittwoch etwa in Form von "Herrliches, närrisches Thüringen" auf MDR -, ist eine unbegreifbare, schicksalsschwere Anomalie der Evolution.
Einzig "Ekel" Alfred, das deutsche Vorbild des Mundl und Star der 70er-Serie "Ein Herz und eine Seele", vermag uns mit der Folge "Rosenmontagszug" - die natürlich am Rosenmontag in Deutschland ähnlichen Kultcharakter wie "Dinner for one" zu Silvester besitzt - in die merkwürdigen archaischen Verhaltensweisen seiner Landsleute einzuführen.
Die heimischen Varianten des TV-Karnevals sind deutlich milder und verträglicher. Sowohl der "Villacher Fasching" als auch "Narrisch guat" (die nächsten beide Sonntage jeweils um 20.15 Uhr in ORF 2 zu sehen) sind in ihren Fernsehfassungen pure Amateurkabarett-Veranstaltungen mit spätpubertärem Charme. Das Folterinstrument der guten, alten Fernsehzeit und der Schrecken eines jeden humorvollen Menschen zwischen Neusiedler See und Bodensee, "Mainz bleibt Mainz", hat der ORF längst dorthin gesteckt, wo es hingehört: in die Mottenkiste. Dafür sind wir dem heimischen Sender bis heute dankbar.