Wenn es Abend wird in der Millionenmetropole Buenos Aires, ist die Zeit der Armen gekommen. Kleinfamilien durchstreifen auf der Suche nach Essbarem und sonstigem Brauchbaren die Straßen und durchwühlen den Hausmüll. Die schwere Wirtschaftskrise, die schon vor zwei Jahren unter dem früheren Präsidenten Carlos Menem einsetzte, erweist sich als zäh und führt zur Verarmung immer weiterer Teile der Bevölkerung.
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Ein Beistandskredit von Internationalem Währungsfonds (IWF), Weltbank und anderen Geldgebern in Höhe von fast 40 Mrd. Dollar (43 Mrd. Euro/591 Mrd. Schilling) soll die Wende zum Besseren bringen.
Die "finanzielle Panzerung" zielt vor allem auf die internationalen Finanzmärkte, um Sorgen vor einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu beschwichtigen und die Kreditkosten des hoch verschuldeten Landes zu senken. Die Konsumenten sind verunsichert, im abgelaufenen Jahr wurde eine Deflation von 0,7% registriert.
Dem seriösen aber farblosen Präsidenten de la Rua, dem nicht nur seine Kritiker Passivität vorwerfen, ist es nicht gelungen, Zuversicht und Aufbruchsstimmung zu verbreiten. Es rumort es vor allem in den verarmten Provinzen, immer wieder kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. In dem immer noch reichsten Land Südamerikas mit einem Bruttoinlandsprodukt von etwa 9.000 Pesos pro Kopf (9.800 Euro/134.850 Schilling) leben laut Weltbank 9 der insgesamt 35 Millionen Einwohner in Armut. Die Arbeitslosigkeit stieg auf mehr als 15% und das für 2000 ursprünglich prognostizierte Wirtschaftswachstum von 2,5% schmolz auf kaum noch wahrnehmbare 0,2%.
Auch das Haushaltsdefizit lag mit 6,6 Mrd. Pesos weit über den mit dem IWF vereinbarten 4,7 Mrd. Pesos. Experten sehen dennoch eine Chance, dass die Regierung 2001 ihr Ziel von etwa 2,5% Wirtschaftswachstum erreichen könnte. Voraussetzung sei, mit Hilfe der IWF-Kredite die Kapitalkosten niedrig zu halten.