Zum Hauptinhalt springen

Ärger mit den Nachbarn

Von Martyna Czarnowska

Kommentare

Die Zukunftshoffnungen der Westbalkan-Staaten sind das eine; die Realpolitik ist das andere.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Es war eine gute Woche. Zumindest für einige der Balkan-Staaten und zumindest in ein paar Bereichen. EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn war in Mazedonien sowie Albanien zu Besuch und sprach von "offenen Türen" auf dem Weg dieser Länder in die Europäische Union. In knapp einem Jahr könnten Beitrittsverhandlungen starten.

Dem Kosovo wiederum bescheinigte die EU-Kommission, alle Bedingungen für die Aufhebung der Visumpflicht erfüllt zu haben. Die Kosovaren sind die einzigen in der Region, die noch einen Sichtvermerk im Pass brauchen - was sich heuer ändern könnte.

Und das mazedonische Parlament, dessen Arbeit ansonsten immer wieder wegen der Blockadehaltung der konservativen Ex-Regierungspartei erschwert wird, hat sich auf eine Erklärung zur Unterstützung des Nato-Beitrittsprozesses geeinigt.

Unter der Oberfläche brodelt es aber. Denn die Zukunftshoffnungen sind das eine; die Realpolitik ist das andere. Die Annäherung an die EU ist - wie die Aufnahme in die Nato - mit der Namensfrage verknüpft. Der jahrzehntelange Streit mit Griechenland, das wegen einer gleichnamigen eigenen Provinz vom Nachbarn eine andere Staatsbezeichnung als Mazedonien gefordert hatte, geht zwar seinem Ende zu, weil sich Athen und Skopje im Juni auf einen Kompromiss geeinigt hatten. Doch muss der neue Name, Nordmazedonien, in einem Referendum bestätigt werden. Das gilt es aber erst einmal zu organisieren, was die nationalkonservative Opposition in Skopje alles andere als erleichtert. Sie blockiert nämlich die Neubildung der staatlichen Wahlkommission, die die Volksabstimmung vorbereiten sollte. Kritiker werfen den Konservativen vor, sich bestimmte Vorteile erstreiten zu wollen. Die Gespräche der Parlamentsparteien sind vertagt.

Der Kosovo unterdessen verärgerte seine Nachbarn mit der Einführung von Schutzzöllen. Diese gelten für importiertes Obst und Gemüse - und Mais. Für Serbien ist das ein durchaus wichtiger Exportartikel: Immerhin machten die Maislieferungen an den Kosovo im Vorjahr einen Wert von 8,2 Millionen Euro aus, rechnete die Zeitung "Politika" vor.

Umgekehrt könnten für den Kosovo selbst ebenfalls Hürden auftauchen - und zwar auf dem Weg zur Reisefreiheit in der EU. Denn die Mitgliedstaaten müssen dem Wegfall der Visumpflicht erst zustimmen, und einigen Ländern wie Frankreich sowie den Niederlanden gefällt die Idee nicht. Es wird am EU-Vorsitzland Österreich liegen, ob es bei der entsprechenden Ministersitzung zu einem Votum kommt oder auf Einstimmigkeit beharrt wird.

Mit gar transatlantischen Widrigkeiten hatte wiederum Montenegro zu kämpfen. Des Landes mit seinen etwas mehr als 600.000 Einwohnern, das seit einem Jahr Mitglied der Nato ist, bediente sich US-Präsident Donald Trump, um seine Skepsis zur Beistandspflicht der Militärallianz zu äußern. In einem Interview warf er die Frage auf, warum die Nato einen winzigen Staat wie Montenegro verteidigen sollte, in dem doch "aggressive" Menschen lebten. Die Regierung in Podgorica fühlte sich daraufhin bemüßigt, die Freundschaft zu den USA sowie die friedvolle Politik des Landes zu betonen - was von dessen Größe völlig unabhängig sei.