Nächstes Jahr sitzen die menschenverachtendsten Regimes der Welt über Österreichs Menschenrechtslage zu Gericht. Das ist Unfug.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Schweizer haben es gerade hinter sich gebracht, die Österreicher müssen noch mehr als ein Jahr warten, bis ihre Stunde schlägt: die turnusmäßige, gestrenge Überprüfung der Menschenrechtslage durch den UNO-Menschenrechtsrat.
Was wie ein eher sinnloser, aber wenigstens harmloser Teil der globalen UNO-Folklore klingt, ist eine Veranstaltung von kaum zu überbietender Bizarrheit, wie unsere Schweizer Nachbarn anlässlich der jüngsten Beurteilung ihrer Menschenrechtslage durch das UNO-Gremium erfahren mussten. Denn mit Menschenrechten hat die Mehrheit der Mitglieder dieser Organisation ungefähr so viel am Hut wie die neapolitanische Mafia mit penibler Gesetzestreue. Die meisten jener Staaten - etwa Saudi-Arabien, Kuba oder Pakistan -, die da anmaßend und präpotent über westliche Rechtsstaaten richten, halten nämlich daheim die Einhaltung der Menschenrechte für entbehrlich.
Der Schweiz dagegen bescheinigten die famosen Menschenrechtsexperten eine nicht eben befriedigende Menschenrechtslage. Das Ratsmitglied Pakistan, wo Abfall vom Islam bekanntlich mit Kopfabschlagen geahndet wird, zeigte sich "beunruhigt" über die "Xenophobie" und die "Intoleranz" in der Schweiz. "Fremdenfeindlichkeit" ortete just der palästinensische Vertreter im Gremium, was etwa angesichts des schon in palästinensischen Kinderkrippen gelehrten Judenhasses nicht ganz unoriginell erscheint. Dass ausgerechnet Mexikos Vertreter von der Schweiz einen entschlosseneren Kampf gegen "das Verschwindenlassen von Personen" forderte und Mauretaniens Delegierter - in Begleitung einer verschleierten Frau - "moderne Sklaverei" anprangerte, deutet auf subtilen Humor hin.
Wesentlich flexibler zeigt sich der Rat bei der Menschenrechtslage in anderen Weltregionen. Wenn westliche Erbsenzähler und Haarspalter kleinlich auf liebenswerte Traditionen wie Genitalverstümmelung oder Zwangsverheiratung von Kindern hinhacken, verhindern die Menschenrechtsexperten aus Saudi-Arabien, Katar oder Kuba Feststellungen des Rates. Man muss das verstehen: Schließlich ist die Religionsfreiheit, Mädchen die Klitoris abzuschneiden, in Gefahr. Und derartigen islamfeindlichen Exzessen der westlichen Imperialisten und des zionistischen Gebildes muss ein UNO-Menschenrechtsrat natürlich entschlossen entgegentreten.
Dass sich Österreich erst jüngst in dem absurden Gremium einer gegen Israel gerichteten Resolution angeschlossen hat, stimmt die dortigen Menschenrechtsexperten vielleicht bei der Evaluierung der hiesigen Lage etwas milde, denn Israel zu verurteilen, ist eine der Hauptbeschäftigungen des Rates.
"Der Rat ist eine Missgeburt, die rabenschwarze Parodie auf die Illusion eines gruppentherapeutischen Völkerdialogs", befand die angesehene "Basler Zeitung" jüngst. "Die Schweiz sollte sich mit den anderen westlichen Demokratien zusammentun und dem Treiben ein Ende bereiten. Der Rat gehört abgeschafft." Genau diese Position ebenfalls zu vertreten, stünde Österreich besser zu Gesicht, als sich weiterhin an dieser bizarren Posse zu beteiligen.
ortner@wienerzeitung.at