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Argumente als Gift und Gegengift

Von Judith Belfkih

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Gepflegte Diskussionskultur ist nicht unbedingt ein prägendes Merkmal unserer Zeit. Das undifferenzierte Hass-Posting, der durch eine Lappalie ausgelöste Shit-Storm oder der verknappend prägnante, populistische Hetz-Slogan sind uns in unserer Debatten(un)kultur wesentlich näher als die gar nicht immer nur subtilen Stilmittel der klassischen Rhetorik. Dabei geht es in der menschlichen Sprach- und Streitgeschichte seit jeher um das eine Ziel: recht zu behalten. Und Anerkennung dafür zu ernten.

Dass es sich gerade in Zeiten, in denen der Ton so mancher Debatte rauer geworden ist, durchaus lohnt, aus dem Erkenntnisschatz der Philosophie so manchen Trick abzuschauen, das zeigt ein kürzlich erschienenes Buch mit dem schönen Titel "Die Kunst, immer recht zu behalten". Philosoph Nicolas Tenaillon hat darin seine gleichnamigen Kolumnen im "Philosophie Magazin" gesammelt und präsentiert einen kurzweiligen Streifzug durch die Geschichte der Geistesgeschichte.

Behaupten Sie wie Hegel das Gegenteil! Nutzen Sie mit Wittgenstein den Effekt des Schweigens! Pochen Sie mit Einstein auf Definitionen! Oder betreiben Sie mit Aristoteles’ Haarspalterei!

Zimperlich, so zeigt sich, waren diese Herren allesamt nicht.

Bei einigen Strategien wie der, sich dumm zustellen, den Gegner in Misskredit zu bringen, Angstmacherei zu betreiben oder sich auf eine höhere Macht zu berufen, wird klar, dass diese Argumentationsstrategien auch heute überall lauern. Auch in der Diskussionsunkultur. Hier bietet Tenaillon eine einfache Lösung: Für jede Strategie gibt es auch eine effektvolle Abwehrstrategie.