Etwa 19.000 Arisierungsopfer warten noch immer auf Zahlungen aus dem von der Wirtschaft mit 210 Mio. Dollar dotierten Entschädigungsfonds.
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Der Entschädigungsfonds für arisierten Besitz wird aus zwei Gründen noch immer nicht flüssig gemacht: Einerseits besteht aufgrund von zwei noch anhängigen Sammelklagen keine Rechtssicherheit, andererseits dauern die Nachforschungen so lange.
Herr Georg T. geht täglich auf dem Weg zu seiner Arbeit - trotz seines hohen Alters - an dem einst seinem Vater gehörenden stattlichen Haus in der Wiener Berggasse vorbei. Herr T. emigrierte 1938 nach London. 1950 ist er nach Wien zurück gekehrt. Seit Jahren kämpft er darum, für den Besitz seiner Familie - er schätzt ihn auf 2,2 Mio. Euro - eine Entschädigung zu erhalten. "Ich habe nur eine sehr kleine Pension und muss daher noch arbeiten", obwohl ihm sein Arzt schon zum leiser Treten geraten hat: "Mein Lebensrhythmus ist seit langem gestört, jetzt ist halt das Herz dran." Er würde am liebsten die noch lebenden "alten Kracher" zu einer Demonstration zusammen trommeln.
Hannah Lessing, die Leiterin des Entschädigungsfonds, versteht den Ärger der Opfer. 19.000 Anträge mit 200.000 Einzelforderungen müssten bearbeitet werden. Die Anträge würden zu 70 Prozent keine Unterlagen enthalten. Das müsse recherchiert werden, und das brauche Zeit. Die Zahl der Mitarbeiter sei zwar auf 130 aufgestockt worden, dennoch kann Lessing keinen Zeithorizont bis zur Erledigung sagen. Als man sich bei den Verhandlungen in Washington gegen eine Pauschale entschieden hatte, sei klar gewesen, dass die Bearbeitung der Anträge langwierig werden würde. Die Regierung hat daher als Überbrückung 150 Mio. Dollar für verlorene Wohnungen zur Verfügung gestellt. Daraus haben Betroffene 7.000 Euro erhalten, jetzt gebe es weitere 1.000 Euro.