Mattle schließt Koalition mit FPÖ weiter aus und hat sein Sondierungsteam zusammengestellt.
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Man muss nicht viel über die Tiroler Landespolitik wissen, um die Feststellung zu treffen, dass die künftige Regierung von ÖVP und SPÖ gebildet wird. Für diesen Schluss reichen zwei Grundrechnungsarten: Addition und Subtraktion. Der Landtag umfasst 36 Mandate, 19 Abgeordnete sind daher für eine Mehrheit notwendig. Die bisherige schwarz-grüne Regierung kommt nur noch auf 17 Mandate, es bräuchte also entweder die Liste Fritz oder die Neos dazu.
Die Liste Fritz, der große Wahlgewinner, will zwar potenziell mit allen koalieren, aber sicher nicht mit der ÖVP. Der Wirtschaftsbund wiederum hat sich gleich am Montag darauf festgelegt, dass eine Zusammenarbeit mit den Neos undenkbar ist, und zwar nicht intern, sondern ganz öffentlich. Womit sich die Volkspartei mit ihren 14 Mandaten entweder der FPÖ oder der SPÖ zuwenden muss, die je 7 Mandate halten. Das wäre auch eine recht stabile Mehrheit im Vergleich zu Schwarz-Grün-Pink mit exakt 19 Mandaten. Wenn nur einer wackelt, stürzt die Regierung.
Von der FPÖ, die mit 18,8 Prozent ihr zweitbestes Resultat in Tirol holten, drei Prozentpunkte und zwei Mandate dazugewannen, kamen am Montag auch Lockrufe in Richtung ÖVP. Parteichef Markus Abwerzger forderte "ernsthafte Koalitionsverhandlungen", da die Blauen neben der Liste Fritz der einzige Wahlgewinner seien. "Ich erwarte mir das", sagte Abwerzger der APA.
Mattle sondiert mit allen – außer mit der FPÖ
Diese Erwartungen wurden am frühen Nachmittag aber enttäuscht. Der Landesparteivorstand der Volkspartei blieb bei einem Nein zur FPÖ. Laut Beschluss der schwarzen Granden wird zwar mit allen Parteien sondiert, um die "inhaltlichen Schnittmengen" abzuklären – mit den Freiheitlichen aber nicht. Nur Gespräche über eine "parlamentarische Zusammenarbeit" soll es mit der FPÖ geben, hieß es nach der Sitzung. Abwerzger sagte jedoch der APA, dass er für "Small talk", wie er es formulierte, nicht zu Verfügung stehe.
Aus all dem lässt sich mit einer einfachen Subtraktion eruieren, dass in Wahrheit nur noch eine Option bleibt: die SPÖ. Beide Parteien waren zwar am Montag bemüht, sich den logisch-arithmetischen Schlüssen zu entziehen, doch das dürfte verhandlungstaktische Gründe haben. Der präsumtive Landeshauptmann Anton Mattle erklärte, auch die Möglichkeit von Dreier-Varianten prüfen zu wollen, und SPÖ-Chef Georg Dornauer bekräftigte, dass eine Regierungsbeteiligung mit einer "zu starren ÖVP" keine Option für die Sozialdemokraten sei.
Den Roten gelang es am Sonntag nicht, sich in eine Position der Stärke zu begeben. Der Zugewinn fiel mit 0,2 Prozentpunkten homöopathisch aus, in Innsbruck musste die SPÖ ähnlich Federn lassen wie die ÖVP. Die Umfragen auf Bundesebene weisen der SPÖ auch eine viel bessere Entwicklung in den vergangenen Wochen und Monaten aus, als es die Tiroler Partei am Wahlabend in tatsächliche Wählerstimmen ummünzen konnte. Zudem ging Platz zwei an die Freiheitlichen verloren. Das ist auch der Grund, weshalb Abwerzger am Montag davon sprach, dass diese Regierungskonstellation "keinen Wählerauftrag" erhalten habe.
ÖVP-Landesrätin tritt zurück
Die ÖVP hat am Montag auch bereits ihr Verhandlungsteam festgelegt: Es besteht aus Mattle, den Landesräten Josef Geisler und Johannes Tratter, Klubobmann Jakob Wolf, der EU-Abgeordneten Barbara Thaler sowie Mario Gerber vom Wirtschaftsbund, der sich am Sonntag bereits für eine Zweier-Variante aussprach.
Inhaltlich deutet nicht viel auf unüberbrückbare Differenzen mit der SPÖ hin. Der für die Roten wichtigen Forderung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung hat sich die Mattle-ÖVP schon vor dem Urnengang angeschlossen. Die größten Hürden finden sich in der Grund- und Bodenpolitik.
Fix einer neuen Regierung nicht mehr angehören wird die bisherige Gesundheitslandesrätin Annette Leja. Sie hat am Montag ihren Rückzug aus der Politik verkündet. Die ehemalige Krankenhaus-Leiterin war erst im Mai 2021 in die Landesregierung gewechselt, als auch Mattle von Landeshauptmann Günther Platter geholt wurde. Leja hatte bei der Wahl noch auf Listenplatz 6 kandidiert und hätte jedenfalls ein Mandat sicher. (sir)
Dieser Text wurde um 16.16 Uhr aktualisiert.