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Arm und Reich driften auseinander

Von WZ-Korrespondent Markus Kauffmann

Europaarchiv

Studie: Zwei Drittel der Deutschen verfügen über kein Vermögen. | "Ungleichheit seit 2002 eher angewachsen." | Berlin. Sozialen Sprengstoff birgt der jüngste Wochenbericht des größten deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts, DIW, in Berlin. Demnach verfügen zwei Drittel der Deutschen über kein nennenswertes oder gar kein Vermögen. Aus dem Bericht geht hervor, dass 66 Prozent der Bevölkerung über weniger als ein Zehntel aller Sach- und Kapitalwerte verfügen. Dagegen besitze das reichste Zehntel der Bundesbürger mehr als zwei Drittel des Gesamtvermögens.


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#Ostdeutsche sind nur halb so reich

5.400.000.000.000 - so sehen die 5,4 Billionen Euro ausgeschrieben aus, die die Deutschen laut Studie insgesamt netto angehäuft haben. Wäre das Vermögen gleichmäßig verteilt, besäße jeder Deutsche an die 81.000 Euro.

Doch zwei Drittel haben davon kaum etwas. Das DIW benennt die besonders benachteiligten Bevölkerungsgruppen: Frauen gegenüber Männern minus 30, Migranten gegenüber Angestammten minus 46 und Ostdeutsche gegenüber Westdeutschen minus 50 Prozent.

Die Studie ist neu, die Zahlen nicht. Seit 2002, so vermuten die Autoren, sei die Ungleichheit eher gewachsen, weil der Kapitalanteil am Volkseinkommen inzwischen auf 34 Prozent gestiegen sei, während die Löhne stagniert hätten.

Fairerweise führt die Studie selbst die methodischen Probleme an, die ihre Aussagekraft relativieren. Sie weist darauf hin, dass Vermögen durch Zinserträge zu weiterem Einkommenszuwachs führe, dass Sachvermögen selbst genutzt werden und damit Freiheitsspielräume schaffen könne, dass man auf Vermögen bei Bedarf zurückgreifen könne und dass es zur Erreichung oder Bewahrung eines hohen sozialen Status diene sowie "wirtschaftliche und politische Macht" verleihe.

Konservative Beobachter vermissen den Hinweis, dass ohne (Betriebs-)Vermögen keine Investitionen, keine Arbeitsplätze, kein Wohlstand möglich würden. Auch in die aktuelle Politik greift die Studie ein: Die von der Koalition am Montag beschlossene Erbschaftssteuer-Reform, die die Vererbung von Betrieben erleichtern soll, möge "noch einmal überdacht werden".

Einer weiteren Vermögenskonzentration könnte nach Ansicht der Autoren durch eine höhere Attraktivität und stärkere Verbreitung von Mitarbeiterbeteiligungen begegnet werden.