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Österreichs Wirtschaft bewegt sich im Schneckentempo, die Wachstumsprognose für heuer lautet am oberen Ende 0,8 Prozent. Für die 19 Euroländer erwartet die EZB heuer 1,5 Prozent. Die Arbeitslosigkeit in Europa sinkt (freilich auf viel höherem Niveau als in Österreich), hierzulande steigt sie. Soweit die Fakten.
Dass die Regierung bei ihrer Klausur Anfang kommender Woche Konjunkturmaßnahmen beschließt, ist daher nur logisch. Die beschlossenen Tarifsenkungen bei Lohn- und Einkommensteuer treten erst 2016 in Kraft, Österreich benötigt aber unmittelbar einen Ruck nach vorn.
Selbst ohne das "übliche Gesudere" über ihre Reformträgheit muss einem die Regierung dabei leidtun. Denn kurzfristig sind nationale Regierungen am Ende der Fahnenstange angelangt, in mittleren EU-Ländern wie Österreich ganz besonders. Globaler Wettbewerb, offene Märkte und die geopolitische Einbettung sind Einflussfaktoren, die am Wiener Ballhausplatz bloß zur Kenntnis genommen werden können.
Österreich wuchs zuletzt über Jahre schneller als die EU, weil der Absatzmarkt Deutschland funktionierte, aber vor allem die heimische Wirtschaft Osteuropa als "Heimmarkt" erkannte und eroberte. Doch die hohen Wachstumsraten in Osteuropa sind vorbei, mit Ausnahme Polens. Russland ist ein unkalkulierbares Risiko, der Westbalkan eine Zitterpartie. Daran hängen Jobs, die beste Regierung kann das nicht ändern.
Trotzdem versuchen die Regierungsparteien den Wählern zu signalisieren, sie hätten alles im Griff; sie haben die Krise gut bewältigt, und nun es geht aufwärts. Blöderweise hat sie aber nicht alles im Griff, sie hat sogar sehr viel nicht im Griff - und kann es gar nicht haben.
Die vielen Politikberater werden die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber vielleicht wäre es eine gute Idee zuzugeben, dass die Staatsgrenze ein Verwaltungskriterium ist, aber mit Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft nur noch wenig zu tun hat.
Die Regierung kann mittelfristig segensreich wirken, etwa bei der Bildung und Forschungsförderung. Die Arbeitslosigkeit kurzfristig durch tolle Maßnahmen zu reduzieren, das war einmal und kommt nicht wieder. Für Politiker mag es viel verlangt sein, aber erst Wahrheit erzeugt Optimismus. Dies einzugestehen, statt beschlossene Maßnahmen noch einmal zu verkaufen, wäre auch eine Art Konjunkturpaket.