Manila - Gloria Macapagal Arroyo müsse nun zeigen, dass sie trotz ihres freundlichen Wesens zu entschlossenem Handeln in der Lage sei, kommentierte ein Zeitungskolumnist am Wochenende zur 100-Tage-Bilanz der philippinischen Präsidentin. Dass die kleine Frau an der Staatsspitze ihre Resolutheit so schnell unter Beweis stellen würde, hätte er vermutlich nicht gedacht.
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Proteste für ihren inhaftierten Vorgänger Joseph Estrada, blutige Unruhen und sogar ein Putschversuch: Spätestens am Dienstag war für die 54-Jährige das Maß voll, und nun ist hartes Durchgreifen statt der bisher verfolgten Politik der "maximalen Toleranz" angesagt. Macapagal Arroyo verhängte den Ausnahmezustand über Manila und ließ mutmaßliche Rädelsführer festnehmen. Dabei weiß sie dank einer klugen Strategie die Armee hinter sich.
Macapagal Arroyo war angetreten, um reinen Tisch zu machen, nachdem Estrada im Jänner aus dem Amt gejagt worden war. Mit Korruption und Amtsmissbrauch wollte die geradlinige, streng katholische und äußerst integre Präsidentin aufräumen. Sie ist damit das krasse Gegenteil ihres Vorgängers, der wegen "wirtschaftlicher Plünderung des Staates" im Gefängnis sitzt. Dass sie jedoch mit Sondergesetzen gegen seine Anhänger würde vorgehen müssen, hätte sich Macapagal Arroyo vermutlich nicht träumen lassen.
Ehemalige Klosterschülerin
"Gerechtigkeit" ist für die Präsidentin ein zentrales Wort, und sie legt strenge moralische Maßstäbe für sich und ihre Regierung an. "Ich glaube an eine sehr starke Arbeitsethik", sagte sie bei ihrer Amtsübernahme. Die ehemalige Klosterschülerin predigt ihre Grundsätze nicht nur, sie lebt sie: Als der Skandal um Estrada begann, zog die damalige Vizepräsidentin sofort Konsequenzen und gab ihr Amt als Sozialministerin zurück. Die Tochter des ehemaligen Präsidenten Diosdado Macapagal, der vom späteren Machthaber Fernando Marcos gestürzt wurde, formuliert statt markiger Sprüche lieber politische Ziele, um das Vertrauen des Volkes zu gewinnen.
Seite 20. Jänner im Amt
Nach der unblutigen Rebellion gegen Marcos im Jahr 1986 tat Macapagal Arroyo ihre ersten Schritte auf politischem Parkett. Präsidentin Corazon Aquino holte sie ins Handelsministerium. 1992 wurde sie zur Senatorin gewählt und drei Jahre später im Amt bestätigt. Bereits bei der letzten Präsidentschaftswahl 1998 liebäugelte die Mutter dreier Kinder mit dem höchsten Staatsamt, begnügte sich jedoch dann mit dem Vizeposten. Seit Macapagal Arroyo am 20. Jänner das höchste Staatsamt übernahm, zeichnet sie sich durch eine kluge Politik aus. Vor allem die Einbeziehung von Militärs in die Regierung hat sich in der derzeitigen Krise ausgezahlt. Den ehemaligen Oberkommandierenden Angelo Reyes machte sie zum Verteidigungsminister, und mehrere andere hohe Militärs holte sie in ihr Kabinett.
Sieben Putschversuche unter Vorgängerin Aquino
Macapagal Arroyo zog damit auch die Konsequenzen aus Machtkämpfen der Vergangenheit. Ihre Vorgängerin Corazon Aquino musste sieben Putschversuche überstehen. Soweit will es Arroyo gar nicht erst kommen lassen. Sie versucht es mit einer positiven Einstellung gegenüber der Armee und deren Einbindung in die Machtstrukturen. In den 80er Jahren sei das Militär "sehr politisiert gewesen", sagt sie. In der heutigen Situation verhielten sich die Streitkräfte jedoch "sehr, sehr professionell".
Informationen im Internet: http://www.pworld.net.ph/