Zum Hauptinhalt springen

Ärzte bereiten Proteste vor

Von Brigitte Pechar

Politik

SPÖ-Gesundheitssprecher Spindelberger ruft Ärztekammer an den Verhandlungstisch zurück.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Die österreichische Ärztekammer bereitet ihre angekündigten Proteste gegen die im Zuge des Finanzausgleichs vereinbarte Gesundheitsreform vor. Der Bundesvorstand der Ärztekammer hat bereits eine Informationskampagne beschlossen, die von den neun Länderkammern mitgetragen wird. Zusätzlich ist es jedem Bundesland im Rahmen der Autonomie freigestellt, eigene weitergehende Schritte zu setzen.

Ganz besonders stört die Ärzte die Förderung von Gesundheitszentren (Primary Health Care Centers - PHC). 200 Millionen Euro sieht die Regierung in den nächsten vier Jahren dafür vor. Für diese gibt es noch keine gesetzliche Grundlage, sie sei aber in Ausarbeitung, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.

Es fehlen Landärzte

"Mir fehlt für die angekündigten Ärzteproteste das Verständnis", sagt SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Es gebe in den Bundesländern sehr viele Gegenden mit Ärztemangel. In der Steiermark zum Beispiel könnten neun offene Stellen für Allgemeinmediziner gar nicht besetzet werden, weil es dafür keine Bewerbungen gebe.

"Die Ärztekammer ist gegen alles: gegen die Gesundheitsreform, gegen Elga, gegen die E-Medikation", empört sich Spindelberger. "Damit kommt man vielleicht in Wien durch, aber am Land nicht." Ohne Gesundheitszentren werde man die Bedürfnisse der ländlichen Bevölkerung künftig nicht mehr abdecken können. Erstens, weil eine Pensionierungswelle bei den Hausärzten anstehe und zweitens, weil immer weniger Ärzte aufs Land wollten.

Mariazell als Musterbeispiel

Der Steirer verweist auf das Beispiel Mariazell: Dort wurde das Krankenhaus geschlossen, und einer von drei Allgemeinmedizinern hat aufgehört. Auf der Suche nach einer Lösung hat man einen Arzt gefunden, der unter Nutzung der Infrastruktur des ehemaligen Spitals ein Ärztenetzwerk geschaffen hat. Nun kommen in regelmäßigen Abständen Fachärzte aus Kapfenberg und Bruck/Mur. Durch dieses Gesundheitszentrum sei die Bevölkerung jetzt bestens versorgt. In diese Richtung gehe auch die geplante Reform, betont Spindelberger.

Das bedeute aber nicht, dass es künftig keine Einzelordinationen mehr gebe, wie dies die Ärztekammer - so wie auch Teile der Opposition - befürchte. "Die ersten Ansprechpartner werden immer die Hausärzte bleiben", versichert Spindelberger. Es sei aber wichtig, für die Zukunft vorzusorgen - und da brauche es eben auch andere Lösungen. Der SPÖ-Gesundheitssprecher, der Obmann der steirischen Gebietskrankenkasse war, fordert daher die Ärzteschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Kein Verständnis für die Ärzteproteste hat auch Patientenanwalt Gerald Bachinger. Die angekündigten Proteste seien "vollkommen überzogen". Die Pläne der Politik sind für ihn der "richtige Ansatz". Wiens Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) appelliert an die Ärztekammer, wieder in strukturierte und konstruktive Gespräche einzutreten.

In den Länderärztekammern werden unterdessen die Pläne für die Protestmaßnahmen konkret. Die Wiener Ärztekammer hat bereits am Mittwoch mit einem einwöchigen Generalstreik gedroht, wenn es nicht Garantien seitens der Politik gebe, dass die geplanten Maßnahmen nicht umgesetzt werden. Und die niederösterreichische Ärztekammer hat ein österreichweites Volksbegehren "SOS Medizin" gestartet.

Aus den anderen Bundesländern kam am Donnerstag Unterstützung. In der Steiermark hat die Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte beschlossen, den Vertrag mit der Gebietskrankenkasse zu kündigen, falls die angekündigten Pläne so beschlossen werden. Auch in Oberösterreich wird eine Kündigung des Kassenvertrags angedacht.

Kärntens Ärztekammerpräsident Josef Huber kündigt an, das Volksbegehren der niederösterreichischen Kollegen zu unterstützen. Und sollte es tatsächlich zu einem Generalstreik kommen, kann sich Huber "vorstellen, dass das österreichweit passiert". Vorerst keinen Generalstreik planen Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg und das Burgenland. Dort werden eigene Protestmaßnahmen noch überlegt.