Der schmale Absatz auf der Rückseite des Finanz-Amtsblatts vom 17. Oktober wird leicht überlesen. Trotzdem hat er Breitenwirkung. Er erinnert daran, dass die Damen und Herren Doktores med. ihre menschenfreundlichen medizinischen Behandlungen nunmehr auch unter dem Dach einer Gruppenpraxis betreiben dürfen. Was bei Anwälten, Wirtschaftstreuhändern und anderen Freiberuflern schon längst üblich ist, darf nun auch bei Ärzten sein.
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Seit 11. August darf das Firmenschild von "Dr. Müller & Dr. Mayer, Zahnärzte OEG" Realität sein. Gemeinschaftspraxen in Form einer Ordinations-Kostengemeinschaft oder in Form einer Apparategemeinschaft waren schon bisher im ärztlichen Praxisbereich keine Seltenheit. Seit August dieses Jahres erlaubt das Ärztegesetz nun auch die Kooperation von Medizinern gleicher oder unterschiedlicher Fachausrichtung in Form einer Gruppenpraxis. Der Unterschied ist kein Formalismus: Die Gruppe ist eine echte Gesellschaft, mit gleichrangigen, gleichverantwortlichen, gleichhaftenden Teilhabern, die nach außen hin als einheitliches Ärzteteam auftreten.
OEG als Rechtsform
Das Ärztegesetz schreibt vor, dass der rechtliche Rahmen für eine Gruppenpraxis nur eine OEG sein darf, eine "Offene Erwerbsgesellschaft". Die OEG ist die kleine Schwester der handelsrechtlichen "Offenen Handelsgesellschaft", wenngleich sie natürlich keine Handelsgesellschaft, sondern eben eine Partnerschaft von Freiberuflern ist. Hier wie dort sind die Gesellschafter allerdings "vergemeinschaftet", vor allem auch hinsichtlich der Haftung, denn diese ist eine Solidarhaftung, unbeschränkt, und reicht bis ins Privatvermögen der Beteiligten.
Gemeinsamer Firmennamen
Gemeinschaftlich ist auch der Firmennamen, unter dem die Gruppe auftritt und für die es - je nach der Zusammensetzung der Gruppe - verschiedene Varianten geben kann, etwa diese: "Dr. Müller, Dr. Mayer, Dr. Schmid, OEG für Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Zahnheilkunde". Die Firma wird ins Firmenbuch des Handelsgerichts eingetragen und erst mit dieser Eintragung wird die OEG rechtlich existent.
Gruppe mit Kassenvertrag
Die wichtigste Frage ist natürlich die Rechtslage gegenüber der Krankenkasse. Auf der Basis der Ärztebefugnisse der Teilhaber ist die Gruppenpraxis selbst Träger der Berufsbefugnisse, und durch die jüngste ASVG-Novelle wurde vorgesehen, dass die Sozialversicherungsträger auch mit einer Gruppenpraxis Kassenverträge abschließen können.
Weil die Gruppe nach außen hin einheitlich auftritt, legt sie gemeinschaftliche Honorarnoten, hat gemeinschaftliche Regien, tätigt gemeinschaftliche Ordinationsinvestitionen und ermittelt einen gemeinschaftlichen Jahreserfolg, der im Verhältnis der Gesellschafter-Vereinbarung aufgeteilt wird.
Mitunternehmerschaft
Steuerlich gilt die OEG als Mitunternehmerschaft, deren jährlicher Gesamtgewinn/Gesamtverlust zunächst gemein-schaftlich ermittelt wird und dann anteilig in die Einkommensteuererklärungen der Gesellschafter zu überrechnen ist. Dazu braucht die OEG bloß eine einfache Einnahmen-Aus-gaben-Rechnung; Sie kann aber freiwillig auch eine doppelte Buchführung haben, mit Bilanzierung, was manchmal steuerlich vorteilhaft ist.
Gruppenhonorar ustfrei
Auch hinsichtlich der Umsatzsteuer tritt die Gruppe nach außen hin als ein Unternehmer auf. Während aber persönliche ärztliche Leistungen eindeutig (unecht) umsatzsteuerfrei sind (was freilich auch das Vorsteuerabzugsverbot inkludiert), war dies bei der abstrakten Gruppe nicht so eindeutig. Deshalb ist die erlassmäßige Klärung dieser Frage im Amtsblatt der Finanzverwaltung vom 17. Oktober begrüßenswert. Dort heißt es: "Üben Ärzte ihre Tätigkeit im Rahmen einer Gruppenpraxis in der Rechtsform einer offenen Erwerbsgesellschaft aus, ist (die Umsatzsteuer-Befreiung gemäß) § 6 Abs. 1 Z 19 UStG auch auf die Umsätze der Gesellschaft anzuwenden".