Die Arbeits- und Familienministerin ist überraschend in die Riege der jungen Kurz-Ministerinnen eingezogen. Für die Steirerin brachte das erste Amtsjahr jede Menge corona-bedingter großer Herausforderungen.
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Ein neues Jahr beginnt mit guten Nachrichten. Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher hat zum Jahreswechsel gleich zwei davon zu verkünden: Nach dem Auslaufen der dritten Phase der Corona-Kurzarbeit Ende März wird es weiter Hilfen geben. "Die Unternehmen, die Kurzarbeit brauchen, werden sie weiterhin bekommen." Und: Der Bezieherkreis des Familienhärtefonds zur Bewältigung der Corona-Krise wird auf Bauern ausgeweitet. Frohe Botschaften zu verkünden - Letztere für die eingefleischte ÖVP-
Kernklientel - gehört für die Steirerin südlich von Graz aus schwarzem Elternhaus zu den angenehmen Aufgaben in der türkis-grünen Bundesregierung. Gerade die Probleme beim Vollzug des Hilfsfonds für krisengeschüttelten Familien haben der 37-Jährigen viel Kritik eingetragen.
Den ungleich größeren Rucksack schleppt sie aber mit ins Jahr 2021: Die Corona-Epidemie mit dem tiefen wirtschaftlichen Einbruch hat der für den Arbeitsmarkt zuständigen Ministerin eine Rekordarbeitslosigkeit mit rund einer halben Million offiziell beschäftigungslos gemeldeten Menschen, rund 100.000 mehr als vor einem Jahr, eingebrockt. Wären nicht zugleich rund 400.000 Beschäftigte in Kurzarbeit, wären die Arbeitslosenzahlen noch weitaus höher.
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Als "Herausforderung" hat Aschbacher selbst zur Jahreswende die Anlaufschwierigkeiten beim Härtefonds für die Familien bezeichnet. Das war leicht untertrieben. Über Monate hatte sie alle Hände voll zu tun, die technischen Pannen zu beseitigen und das Hilfspersonal für eine raschere Auszahlung aufzustocken. Jetzt kann sie immerhin eine Lockerung der Anspruchsvoraussetzungen zusagen.
Dabei hatte Aschbacher seit dem Amtsantritt der türkis-grünen Bundesregierung vor genau einem Jahr nicht nur mit politischen Herausforderungen verschärft durch die Corona-Krise, sondern auch mit ihrem eigenen Auftritt zu kämpfen. Nach dem Abgang von Ex-Familien- und Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß als Landesrätin heim in die Steiermark musste es zum Austarieren der innerparteilichen Kräfteverhältnisse in der ÖVP offensichtlich wieder eine Steirerin sein. Die weithin unbekannte Aschbacher kam zum Zug, weil sie Bundeskanzler ÖVP-Obmann Sebastian Kurz gut ins Konzept passte.
Weil zu erwarten war, dass der neue grüne Koalitionspartner zahlreiche Frauen im Regierungsteam stellen wird, holte der ÖVP-Chef selbst mehrere Frauen in sein Regierungsteam, die dem Anforderungsprofil - jung, weiblich, zu hundert Prozent loyal und aufgrund fehlender politischer Hausmacht ganz vom Bundeskanzler abhängig - entsprachen. So auch Aschbacher, die als dreifache Mutter auch das Kriterium der Vereinbarkeit von Frau mit Privatleben und Karriere als Familienministerin erfüllte. Zu Kurz selbst und seinem Kabinettschef Bernhard Bonelli hat es schon aus früheren Jahren Kontakt gegeben.
Manager-Sprechstil bei Auftritten
Sonst hat Aschbacher vor Jahren lediglich in den Kabinetten der damaligen ÖVP-Minister Maria Fekter und Reinhold Mitterlehner ein bisschen politische Luft schnuppern dürfen. Nach einem Fachhochschulstudium in Wiener Neustadt wagte sie als Unternehmensberaterin den Schritt in die berufliche Selbständigkeit. Dazu ist Aschbacher im persönlichen Umgang freundlich, lächelt, geht auf Menschen zu.
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Bei ihren Auftritten, die in Corona-Zeiten beinahe im Wochentakt hauptsächlich zu den Arbeitslosenzahlen und zur Kurzarbeit live in die Haushalte der Österreicherinnen und Österreicher gesendet wurden, war dann allerdings für jeden Interessierten der mit viel Manager-Sprech gespickte Berater-Stil unübersehbar. Das verstärkte den Eindruck einer Theoretikerin in Wirtschafts- und Arbeitsmarktangelegenheiten. Als sie in TV-Interviews auf konkrete Fragen mitunter vorher eingebläute Phrasen und rhetorische Floskeln wiederholte, war ihr Spott gewiss. Auf der Habenseite blieben Attribute wie nett und lernwillig.
Die lächelnd-freundlich absolvierten Medienauftritte wären wohl positiver zur Kenntnis genommen worden, wenn auch politisch auf der Habenseite im ersten Arbeitsjahr mehr angehäuft worden wäre. Aschbacher schleppt nicht nur eine Heerschar Arbeitssuchender mit ins neue Jahr, was angesichts der Tragweite der Corona-Krise auch anderen Ressortchefs für diesen Bereich nicht viel anders ergangen wäre. Zwar werden seit 1. Oktober 2020 hunderte Millionen extra für eine Joboffensive und Weiterbildungsmaßnahmen sowie Umschulungen lockergemacht. Die bisherige Zahl der derart offensiv geförderten Menschen liegt aber nur bei knapp 17.000. Kritik, dass vor allem für über 50-Jährige zu wenig auf dem Arbeitsmarkt getan werde, kommt nicht nur von SPÖ, Gewerkschaft und Arbeiterkammer.
Der politischen Quereinsteigerin fällt auf den Kopf, dass sie auch in der Sache selbst nicht immer sattelfest war. So trat Aschbacher in der Startphase von Türkis-Grün für strengere Zumutbarkeitsbestimmungen ein, damit mehr Arbeitslose in Ostösterreich Jobs etwa in Westösterreich annehmen. Das ließ Arbeitsmarktexperten amüsiert schmunzeln, weil geforderte Änderungen teils schon vorhanden waren.
Säumig bei Homeoffice-Regeln
Seit dem zweiten Corona-Lockdown Mitte November kam die Arbeitsministerin dann zusehends unter Druck, weil sie eine Neuregelung für das Arbeiten im Homeoffice, das schon bei den ersten Corona-Einschränkungen im Frühling breit genützt wurde, erst bis zum März 2021 in Aussicht stellte. Während andere gesetzliche Regelungen wie die Abschaffung der Hacklerfrühpension, die erst ab 2022 zum Tragen kommt, im November im Schnellverfahren ohne Begutachtung von Türkis-Grün im Nationalrat durchgepeitscht wurden, hielt in puncto Heimarbeit nicht einmal die Zusage, dass Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter letztlich mit der Arbeitsministerin eine Lösung für eine neue rechtliche Basis bis Weihnachten präsentieren. Das unerledigte Vorhaben liegt damit weiter in Aschbachers prallem Arbeitsrucksack, während der von der Bundesregierung festgelegte Corona-Lockdown am 18. Jänner 2021 enden soll.
Entscheidung zur Familienbeihilfe steht bevor
Am besten funktionierte das Abfangen einer noch dramatisch höheren Arbeitslosenrate durch die rasche Einführung und Verlängerungen von Kurzarbeitsmodellen im Zusammenwirken mit den Sozialpartnern und Finanzminister Gernot Blümel. Ihr ÖVP-Parteikollege stellte bereits mehrere Milliarden Euro an Corona-Hilfsmitteln dafür zur Verfügung gestellt.
Was steuernde Familienpolitik betrifft, so standen bisher vor allem unverfänglichere Ziele wie die stärkere Einbindung von Vätern in die Kindererziehung nach der Geburt im Vordergrund. Da räumte die Familienministerin allerdings selbst ein, dass "Rollenbilder" in der Gesellschaft nicht so rasch geändert werden könnten. Aber auch im Familienbereich könnte der Ministerin heuer gehöriges Ungemach drohen. Dies dann, wenn die schon von der türkis-blauen Bundesregierung eingeführte Auszahlung der Familienbeihilfe an ausländische Arbeitnehmer in Österreicher, deren Kinder im Heimatland bleiben, auf EU-Ebene aufgehoben wird. Zumindest der Arbeits- und Familienministerin wird die Arbeit 2021 keineswegs ausgehen.