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Aserbaidschan: Haydar Alijew bereitet seine Nachfolge vor

Von Friedemann Kohler

Politik

Baku/Moskau - Eigentlich soll die transkaukasische Republik Aserbaidschan am kommenden Sonntag ein neues Parlament wählen, doch der Urnengang gilt eher als vorgezogene Präsidentenwahl. Der alternde Staatschef Haydar Alijew (77) will nach Einschätzung der Moskauer Presse seinen Sohn Ilcham (39) als Nachfolger in Stellung bringen.


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Damit schlägt der ölreiche Staat am Kaspischen Meer einen für die Ex-Sowjetunion neuen Weg der politischen Machtsicherung ein. Bisher gab es in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) noch keine Erbfolge wie in einer Monarchie.

Ilcham Alijew amtiert seit Dezember 1999 als stellvertretender Vorsitzender der Regierungspartei "Neues Aserbaidschan", die von seinem Vater geführt wird. In der staatlichen aserbaidschanischen Ölgesellschaft GNKAR ist er als Vizepräsident für die lukrativen internationalen Geschäftsbeziehungen verantwortlich. Außerdem ist er Präsident des Nationalen Olympischen Komitees - und nach Angaben der Opposition in undurchsichtige Kasinogeschäfte verwickelt. Einen "Kartenspieler" nannte ihn die Moskauer Zeitung "Nesawissimaja Gaseta".

Vater Alijew, ehemaliges KPdSU-Politbüromitglied und ältester Staatschef in der GUS, herrscht seit 1993 in Aserbaidschan und wurde zuletzt 1998 für fünf Jahre im Amt bestätigt. Er wolle sogar ein drittes Mal kandidieren und "noch für acht Jahre Präsident bleiben", verkündete er unlängst der Zeitschrift "Kommersant Wlast". Doch für den Fall, dass Krankheit ihm einen Strich durch die Rechnung macht, steht der Sohn bereit, um die politischen und geschäftlichen Interessen der Familie zu wahren.

Der frühere kommunistische Parteichef Alijew hat sein strategisch wichtiges Land weg von Moskau auf Westkurs geführt. Aber trotz Ölreichtum hat Alijews Herrschaft den 7,6 Millionen Aserbaidschanern keinen Wohlstand gebracht. Abgesehen vom Ölgeschäft liegt die Industrie brach. Kritiker des Alijew-Clans werden von der Polizei brutal zum Schweigen gebracht. Im Konflikt mit Armenien um die Enklave Nagorny Karabach gilt seit 1994 ein brüchiger Waffenstillstand. Die Karabach-Armenier halten mehrere Landkreise im Südwesten Aserbaidschans besetzt.

Vor allem die USA sind an Aserbaidschan interessiert, um den russischen Einfluss auf die Ölreserven des Kaspischen Meeres zurückzudrängen. Washington hat die Länder der Region auch zum Bau einer Pipeline von Baku über Georgien zum türkischen Hafen Ceyhan unter Umgehung Russlands gedrängt.

Vor der Parlamentswahl häuften sich die Besuche von US-Vertretern in der Hauptstadt Baku, um die Zusammenarbeit zu bekräftigen. Gleichzeitig gaben die amerikanischen Diplomaten durch demonstrative Kontakte zur Opposition Alijew ein Zeichen, das Wahlrecht nicht zu verletzen. Etwa 300 internationale Beobachter haben sich für den Wahlsonntag angemeldet.

Zu der Wahl dürfen alle Parteien des Landes antreten, darunter die Volksfront des verstorbenen Nationalistenführers und ersten Präsidenten nach der Unabhängigkeit, Abulfas Elcibey, die Partei der nationalen Unabhängigkeit und die Kommunisten. Doch Alijew hat das Wahlrecht so zugeschnitten, dass Vertreter seiner Partei "Neues Aserbaidschan" wohl die meisten der 100 Direktmandate im Parlament einnehmen werden. Nur 25 Sitze in der "Milli Medschlis" werden über Parteilisten vergeben.