Gemischte Reaktionen auf Auftritt vor dem EU-Parlament. | Brüssel. Für die neue EU-Außenministerin Catherine Ashton war es wohl nur ein kleiner Vorgeschmack auf die entscheidende Anhörung im Jänner: Einen Tag nach Amtsantritt stand sie am Mittwoch zwei Stunden lang den Europaabgeordneten des außenpolitischen Ausschusses Rede und Antwort. Die wollten von ihr wissen, was sie für den Job überhaupt qualifiziert, wo sie ihre neue Position im EU-Gefüge sehe, wie der künftige Europäische Auswärtige Dienst (EAD) genau aussehen soll und wie ihre Einstellung zur politischen Lage in so ziemlich allen Teilen der Erde sei.
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Ashton hatte es nicht leicht: "Ich bin hier, um von Ihnen zu hören, welche Prioritäten (in der EU-Außenpolitik) notwendig sind", sagte sie ins Plenum. Noch sei sie ein "unbeschriebenes Blatt", an ihrem zweiten Arbeitstag könne sie "viele Fragen noch nicht beantworten". Sie fühle sich ihrer neuen Aufgabe aber sehr wohl gewachsen. Schließlich habe sie in den letzten 28 Jahren Erfahrungen in Verhandlungen und Konsensbildung sammeln können. Darüber hinaus vertraue sie auf die "Kraft der stillen Diplomatie". Außerhalb des Rampenlichts könne oft mehr erreicht werden.
Das brachte ihr umgehend die Kritik ein, stille Diplomatie sei bei der Verteidigung der Menschenrechte nicht immer der richtige Weg. Sie könne schon auch laut werden, versicherte die Britin daraufhin. In den Beziehungen zu den USA und Russland sei "Pragmatismus" entscheidend. Fragen zu Afghanistan, Afrika, Irak, Iran, Kuba, Nahost oder der Arktis als künftiges Rohstoffparadies beantwortete sie ähnlich allgemein.
Unklar blieben auch der Aufbau und die Kosten des EAD. "Ich weiß es noch nicht", sagte Ashton - kündigte aber für die nächsten Wochen konkrete Vorschläge an. Zudem erklärte sie, sie werde "nicht der verlängerte Arm der britischen Regierung sein". Ihr Büro werde übrigens in der EU-Kommission angesiedelt sein, deren Vizepräsidentin sie auch ist. Für ein Jahr war sie EU-Handelskommissarin, davor britische Bildungsstaatssekretärin und Oberhausabgeordnete.
Enttäuscht bis zufrieden
Die Reaktionen auf Ashtons Vorstellung waren gemischt: "Die erste Anhörung von Ashton war enttäuschend", erklärte der erfahrene CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok. Eine endgültige Bewertung werde aber bei der Anhörung im Januar erfolgen. "Sachlich, offen und zufrieden stellend", urteilte dagegen ÖVP-Delegationsleiter Ernst Strasser. "Gut geschlagen", meinte der sozialdemokratische Vizepräsident Hannes Swoboda. Aber "im Jänner erwarten wir viel konkretere Antworten", mahnte der deutsche Liberale Alexander Graf Lambsdorff.