Verzögerung für Außendienst der EU droht. | Kritik von Außenministern und Europaparlament. | Brüssel. EU-Außenministerin Catherine Ashton ist in der Defensive. Von allen Seiten hagelt es Kritik wegen ihrer bisherigen Amtsführung. Nach mehr als hundert Tagen im Job ist von ihrem neuen "Europäischen Auswärtigen Dienst" (EAD) noch nichts zu sehen; dass er wie geplant im April beschlossen werden kann, glaubt kaum noch wer.
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Erfreulich wäre schon ein Startschuss vor der Sommerpause, meinte ein Diplomat. Ashtons Posten wurde durch den Lissabonner Vertrag geschaffen und sollte der Union eine stärkere und einheitliche Außenpolitik bescheren. Obwohl sie über so gut wie keine außenpolitische Erfahrung verfügte, haben die Staats- und Regierungschefs die britische Labour-Politikerin aus Gründen der politischen Farbenlehre gekürt.
Schlagabtausch um Postenbesetzungen
Seither läuft wenig rund: Den Zorn der Mitgliedstaaten hatte Ashton sich zugezogen, als sie ohne Abstimmung den portugiesischen EU-Spitzenbeamten Joao Vale de Almeida auf den wichtigen Posten des künftigen EU-Botschafters in Washington setzte. Almeida ist ein enger Vertrauter von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Daneben gibt es Probleme mit Ashtons Terminkalender: Die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, wie ihr offizieller Titel ist, war etwa nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti nicht rasch zu Stelle.
Nach einer recht flachen Anhörung vor dem EU-Parlament im Jänner, bat sie gestern, Mittwoch, erneut um Verständnis: "Bitte widerstehen Sie der Versuchung, mich zu kritisieren, nur weil die ersten vier bis fünf Ernennungen keine aus ihren Mitgliedsländern sind", sagte sie vor dem Plenum auch an die Adresse der Außenminister, die ihr erst vor Tagen ihre Unzufriedenheit mitgeteilt hatten. Bei der Bestellung weiterer Spitzenposten werde sie anhand der Qualifikation entscheiden, versprach Ashton. Auch geographische Ausgewogenheit sei wichtig. Ihre Abwesenheit auf Veranstaltungen erklärte sie mit insgesamt zu vielen Parallelterminen.
Beim Aufbau des EAD soll ihr der frühere dänische EU-Botschafter und Kabinettschef von Ex-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel als Sonderberater unter die Arme greifen. Poul Skytte Christoffersen genieße in Brüssel einen exzellenten Ruf, meinen Diplomaten. Er wird wohl all sein Vermittlungsgeschick ausspielen müssen: Noch wird um die künftige Besetzung von ein paar Dutzend EU-Botschaften gestritten.
Die wahren Probleme seien jedoch ganz andere, hieß es. So ritterten die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission vor allem um die Zuständigkeit für die rund 20 Milliarden Euro pro Jahr schwere Entwicklungspolitik und den Klimaschutz. Ashton wollte beide angeblich in den EAD aufnehmen, was den Staaten gefiel - und der EU-Kommission nicht. Das EU-Parlament mit seinem Mitspracherecht zum Haushalt hat bereits mit einer Blockade gedroht, wenn sich die Länder durchsetzen sollten.