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Asmussen beim "Power Dinner"

Von WZ-Korrespondent Ferry Batzoglou

Politik

Sondierung der Lage - Finanzierung des Hilfspakets über EU-Strukturfonds?


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Athen. Dreieinhalb Jahre nach ihrem Ausbruch scheint die Griechenland-Krise noch mehr Fragen als zu Beginn aufzuwerfen. Der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble räumte am Dienstag ein, dass es ein weiteres Sparpaket geben müsse. Die Mittel für ein neues Hilfsprogramm sollen zumindest teilweise über den EU-Haushalt finanziert werden, berichtete zudem die "Süddeutsche Zeitung" am Mittwoch. Es werde darüber diskutiert, zusätzliche Mittel aus den EU-Strukturfonds an Athen zu überweisen. Ferner werde das neue, dritte Hilfspaket deutlich kleiner ausfallen als die ersten beiden.

In der Causa Hellas ist in diesen Tagen Bewegung zu konstatieren. Das einflussreiche Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), der Deutsche Jörg Asmussen, reiste am Mittwoch zu einem außerplanmäßigen Blitz-Besuch nach Athen. Asmussen traf sich zunächst mit Athens Finanzminister Jannis Stournaras, dem konservativen Premier Antonis Samaras sowie dem Gouverneur der Athener Notenbank. Wie die Athener Wirtschaftszeitung "Naftemporiki" berichtete, seien bei Asmussens Treffen mit der griechischen Seite vornehmlich fünf Fragen erörtert worden: Wie kann Griechenlands Schuldenstand bis zum Jahre 2024 auf 110 Prozent gedrückt werden? Wie kann die zuletzt vom Internationalen Währungsfonds (IWF) prognostizierte Finanzierungslücke für 2014 und 2015 in Höhe von 10,9 Milliarden Euro gedeckt werden? Hat Athen neue Sparmaßnahmen für die Jahre 2015 und 2016 im Volumen von 5,6 Milliarden Euro zu treffen? Wie schreitet die Umwandlung des Bankensektors voran? Und: Wie ist es um die politische Stabilität in Athen und den Willen der Regierungsparteien bestellt, die Griechenland-Programme umzusetzen und zu vollenden? "Ich bin nach Athen gekommen, um den Fortgang des Griechenland-Programms unter die Lupe zu nehmen", sagte Asmussen nach dem Treffen mit Finanzminister Stournaras lapidar. Der Schlüssel für Athen sei es, die Bedingungen für ein Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze zu schaffen, so Asmussen weiter. In puncto Hilfspaket oder Schuldenschnitt gab sich Asmussen betont bedeckt: "Das waren keine Themen."

Ob Letzteres stimmt, darf bezweifelt werden. Dass Athen sich wieder Geld von den Kapitalmärkten beschafft, ist noch nicht in Sicht. Die Zinsdifferenz zwischen zehnjährigen deutschen Staatsanleihen und den Hellas-Bonds kletterte unmittelbar nach dem jüngsten Schäuble-Statement über die Notwendigkeit eines dritten Hilfspakets für Athen wieder über die Marke von 800 Basispunkten. So müsste Athen über zehn Prozent Zinsen für seine Zehn-Jahres-Anleihen berappen, das ist viel.

In Athen wird dagegen seit geraumer Zeit kolportiert, dass die bereits gewährten Kredite gestundet, die betreffenden Zinsen von derzeit rund zwei Prozent erneut reduziert und eine längere Laufzeit vereinbart wird. Dennoch: Viele Experten halten einen Schuldenschnitt für unumgänglich, damit Griechenland die sogenannte Schuldentragfähigkeit erreicht. Denn Griechenlands Schuldenberg wuchs per Ende Juni auf 321,36 Milliarden Euro - zwölf Milliarden Euro mehr als erst drei Monate zuvor. Zugleich wird die Wirtschaftsleistung heuer weiter schrumpfen.

Ein offenbar von Asmussen angestrebtes Treffen in Athen mit Griechenlands Oppositionsführer Alexis Tsipras vom "Bündnis der Radikalen Linken" (Syriza), das für eine drastische Streichung der griechischen Staatsschulden eintritt, fand jedenfalls nicht statt. Dafür traf sich Asmussen am Mittwochabend in einem Luxushotel zum Abendessen mit der "Creme de la Creme" der griechischen Wirtschaftsvertreter. Das Beisein von Politikern war demonstrativ nicht erwünscht. Dass zur Überwindung der Krise noch ein langer Weg zu bestreiten ist, verrät der Name des Saals, in dem das "Power Dinner" von Asmussen stattfand: Ithaka.