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Asoziales Dauerwitzeln

Von Martina Madner

Leitartikel

Hilfsgelder, die nur wegen politischen oder Marktversagens notwendig sind, fehlen anderen, die sie dringend bräuchten.


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Es sind Nachrichten in diesem Jahr, bei denen viele Menschen erst einmal schlucken. Da ist Russlands Angriffskrieg in der Ukraine mit vielen Toten. Horrende Preise dank Teuerung. Und dann noch die Wien Energie als Energieversorger von zwei Millionen Menschen, die Milliarden Euros an Stützen braucht, weil sie sich möglicherweise verspekuliert hat. Jedenfalls aber verhielt sie sich angesichts der außer Rand und Band geratenen Strommärkte zu risikoreich. Sonst hätte sie weder von der Stadt Wien noch vom Bund finanzielle Unterstützung gebraucht.

Es sind Nachrichten, die Menschen Sorgen bereiten. Da sind jene, die selbst leiden oder mitleiden angesichts von Kriegsgräuel, wegen zunehmend schwerer zu tragender Preise bei Lebensmitteln, Strom und Gas. Sie fürchten nun auch noch, wegen intransparenter, jedenfalls aber schwer durchschaubarer Geschäfte von Unternehmen, die eigentlich für eine sichere Versorgung mit Energie verantwortlich sind, künftig möglicherweise im Dunkeln oder Kalten sitzen zu müssen.

Das müssen sie nicht, Energieversorger wie die Wien Energie sind too big to fail, also zu groß, um in einem Sozialstaat wie Österreich fallen gelassen zu werden. Trotzdem gibt es einige, der Großteil davon übrigens Männer, die Menschen mit Sorgen abkanzeln und den witzelnden Erklärbären geben - oft zu Zusammenhängen, die sie selbst nicht verstehen. Sie weisen lieber Besorgte bösartig zurecht, als dass sie von Unternehmen und der mitverantwortlichen Politik Auf- und Erklärung oder von der Regierung dringend notwendige Regulierungen fordern.

Bei einem Teil davon ist es klares Parteikalkül: Nicht nur SPÖ-Affine sind angesichts der MailAufforderung eines "Teams ÖVP", gegen die SPÖ "ein Zeichen zu setzen", irritiert. Immerhin handelt es sich bei der Volkspartei um eine Regierungspartei. Diese hätte erstens - Stichwort: Cofag - eine milliardenschwere eigene Baustelle aufzuarbeiten. Und zweitens könnte und sollte sie auch endlich Regularien für Finanzmärkte zum Wohle der Allgemeinheit schaffen, damit sich nicht mehr einige wenige am Leid und auf Kosten der anderen in Krisen bereichern können.

Schließlich fehlt dieses Geld, das wegen Markt- und dieser Art von Politikversagen notwendig wird, jemand anderem. Auch als Teuerungsausgleich, jedenfalls solange am Markt unreguliert weiter spekuliert werden kann. Denn: Geht’s der Finanzwirtschaft und Witzereißern gut, geht’s noch lange nicht der Wirtschaft, geschweige denn allen gut.