Der Klimapoker ist beendet. Statt die Einsätze in letzter Minute nochmals zu erhöhen, haben alle Nationen resigniert einen Minimalbeschluss abgenickt, um nicht mit ganz leeren Händen nach Hause zu fahren. Dieses Gipfel-Ergebnis namens "Copenhagen Accord" bedeutet allerdings für pazifische Inselstaaten, wie etwa Tuvalu, den sicheren Untergang.
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Die im Copenhagen-Accord aufgelisteten Klimaschutzversprechungen aller Nationen werden in Summe zu drei bis vier Grad Erderwärmung führen. Damit verfehlt die Staatengemeinschaft ihr selbstgestecktes Ziel, die Erderwärmung unterhalb der gefährlichen zwei Grad-Grenze anzuhalten. Eine der größten Enttäuschungen dieses Klimagipfels ist, dass in letzter Minute auch die mittelfristigen Klimaziele bis 2050 herausgefallen sind. Der formale Beschluss, von 80 Prozent CO2-Einsparung weltweit bis 2050 war bereits Konsens beim G8-Gipfel im Sommer und galt eigentlich als fixer Bestandteil eines neuen Weltklimavertrages. Diese Zahl als Wegweiser wäre für die Wirtschaft zur Entwicklung grüner Technologien vom Elektroauto bis zum Passivhaus von zentraler Bedeutung. Gemessen am Hauptziel der CO2-Senkung ist dieser Gipfel eindeutig gescheitert.
Positiv zu vermerken ist jedoch das finanzielle Zugeständnis der Industrienationen, den Entwicklungsländern 100 Milliarden Dollar für die Klimawandel-Anpassung zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Bereitschaft erkennen die Industrienationen die schreckliche Betroffenheit der ärmsten Nationen formal an.
Die Staats- und Regierungschefs betrachten das Ergebnis von Kopenhagen als wichtigen ersten Schritt und sprechen die Dringlichkeit einer Fortsetzung der Verhandlungen an. Weder Obama noch Merkel noch Ban Ki-moon versuchen, die Ergebnisse schönzureden. Die nächste Station ist Mexiko. Bis dahin sind auch die Klimaexperten aufgefordert, bei entscheidenden "Details" wie der Regulierung des Flugverkehrs nachzubessern. Wir als WWF hoffen, dass die Klimabewegung auch 2010 nicht abreißt. Das weltweite Interesse der Menschen am Klimaschutz hat den Staatschefs gezeigt, dass die Zeiten der Bilanzierungs-Tricks vorbei sind.