Den Chefs der österreichischen Assekuranzen stehen die Schweißperlen auf der Stirn, allerdings nicht wegen der hohen Temperaturen. Die Branche stöhnt unter der ihrer Ansicht nach unverhältnismäßig hohen Steuerbelastung und will nun konkret wegen der rückwirkenden Besteuerung eines Teils der Rückstellungen Rechtsmittel ergreifen.
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"Ein Gutachten hat unsere verfassungsrechtlichen Bedenken bestätigt", sagte Dietrich Karner, Generali-Generaldirektor und Präsident des Versicherungsverbandes am Sonntagabend bei einem Medienkolloquium in Bad Tatzmanndorf. Die Rückstellungen in der Sachversicherung seien nämlich faktisch Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden, argumentieren die Versicherungen. Diese zu besteuern, widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz.
Jedem einzelnen Versicherungsunternehmen steht es nun frei, den Verfassungsgerichtshof anzurufen. Voraussetzung dafür sind die Steuerbescheide für 2001, die in Bälde eintreffen werden, hieß es.
Terrorpool soll am 1. September starten
Der "Terrorpool" der österreichischen Sachversicherungen wird voraussichtlich am 1. September 2002 in Kraft treten, kündigte Karner an. Dieser freiwillige Pool zur Deckung von Schäden aus Terror-Anschlägen gewährleistet die Deckung von Terror-Risiken aus versicherten Gefahren bis zu einer Summe von maximal 5 Mill. Euro pro Vertrag. Gegen einen Prämienzuschlag ist eine Deckung bis 25 Mill. Euro möglich. Die gesamte Pool-Kapazität wird 200 Mill. Euro betragen, wobei die Beiträge der einzelnen Versicherungen nach ihren Marktanteilen in der Sachversicherung berechnet werden. Karner: "Wenn der Staat 600 Mill. Euro drauflegen würde, wäre das für uns eine befriedigende Lösung."
Heuer schwaches Prämienwachstum
Nach einem "ambivalenten" Jahr 2001, das eine Gesamtprämiensteigerung von 6,8% gebracht hat, erwartet die Versicherungsbranche für heuer zwar ein weiteres, dafür aber gebremstes Wachstum im Ausmaß von 3,9%. Die Sachversicherung werde 2002 stärker zulegen als der bisherige Wachstumsträger Lebensversicherung, so Karner.
Die Rücknahme der Gewinnbeteiligungen sei aufgrund der Situation an den Finanzmärkten erforderlich gewesen. Sollten sich die Märkte heuer auf dem Niveau von Jahresbeginn einpendeln, sei es vorstellbar, dass die Gewinnbeteiligung entsprechend auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden können. Fixe Zusagen könnten aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht gemacht werden, führte Karner aus. Für die Wirtschaftsprüfer waren die Rücknahmen der Gewinnbeteiligungen im Vorjahr eine "notwendige Maßnahme" gewesen und "sicherlich nicht zu früh" erfolgt, so Michael Schlenk von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Versicherungen könnten zwar eine Zeitlang von der Auflösung stiller Reserven leben, "aber irgendwann geht's an die Substanz."
Laut KPMG wird man sich in Anbetracht neuer Rechnungslegungsvorschriften in Zukunft an deutlich volatilere Ergebnisse der Assekuranzen gewöhnen müssen. Kernpunkt der International Financial Reporting Standards (IFRS) ist die Gewinnrealisierung bei Vertragsabschluss. "Man wird das bilanzieren, was man glaubt, das man haben wird", so Wirtschaftsprüfer Walter Knirsch. Laut Karner kommt dies einem "Paradigmenwechsel" gleich.