Dass es ein paar Tage des Generali Open-Tennisturniers in Kitzbühel ein wenig verregnet hat, macht Vorstandschef Dietrich Karner wenig Sorgen - die "Gamsstadt" war trotzdem wieder "Generali-City" - mit ungezählten Kontakten zu Kunden, Mitbewerbern und Auslandstöchtern - etwa den unlängst zugekauften Zurich-Osteuropa-Aktivitäten. Dass nach den jüngsten Börsenturbulenzen aber Giganten wie Zurich Financial oder Swiss Life gezwungen sind, über die Medien ihre Solvenz zu beteuern, "das hätte sich vor zwei Jahren wirklich niemand vorstellen können". Die Assekuranzen stehen derzeit doppelt unter Druck: "Das ist eine verrückte Zeit, in der es darum geht, kühlen Kopf zu bewahren und gegenzusteuern."
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Mit der Situation in Deutschland, wo bereits laut über einen Pleitenfonds nachgedacht wird, weil mehrere kleine Lebensversicherer in veritablen Schwierigkeiten sind, sei die Lage in Österreich nicht vergleichbar, betonte Karner, auch Präsident des österreichischen Versicherungsverbandes. Die österreichischen Assekuranzen seien mit Aktienanteilen zwischen 5 und 10% weniger anfällig als die Deutschen, zudem haben die meisten bereits im Vorjahr die Gewinnbeteiligungen auf im Schnitt 5 1/8% zurückgenommen. Würden die Finanzmärkte auf dem heutigen Niveau bis Jahresende eingefroren, müsste kräftig auf stille Reserven zurückgegriffen werden, um die Gewinnzusagen zu halten. Sollten die Aktienkurse noch weiter nach unten gehen, müssten die Gewinnbeteiligungen neuerlich sinken - "seriös lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nichts dazu sagen".
Um das "Mittelfeld" in der österreichischen Versicherungswirtschaft steht es nicht gut. "Die vier Großen - Wiener Städtische, UNIQA, Generali und Allianz mit einem Marktanteil von zusammen gu zwei Drittel - werden auch in Zukunft eine starke Position haben, ebenso wie einige regional starke "Platzhirsche" und Spezialisten. Für Gesellschaften mit einem Marktanteil von 2 bis 5%, die landesweit tätig sind, wird es eng", meint Karner und prophezeit "weniger Firmen und Marken". Wichtiger als der Kampf um Marktanteile werde es sein, Kosten und damit Erträge in den Griff zu bekommen. Die Versicherer in Österreich seien derzeit "doppelt in die Zange genommen": Zunehmend schwierigere Risikobewältigungundxtreme Volatilität der Finanzmärkte. Die Kosten/Schaden-Komponente in Österreich sei im Vorjahr deutlich über 110% gelegen - und damit auch bei "normalen" Finanzmärkten viel zu hoch. "In Zeiten der mageren Kühe erfordert das Maßnahmen": Die Generali-Österreich-Gruppe will heuer 40 Mill. Euro einsparen - "wir sind auf gutem Weg dahin".
Druck auf die Versicherungsunternehmen entsteht in Zukunft auch durch die Bevölkerungsentwicklung, führte der Wiesbadener Professor Matthias Müller-Reichart aus. In Deutschland sei bei gleich bleibender Zuwanderungspolitik bis 2050 mit einem Bevölkerungsrückgang um mehr als ein Fünftel rechnen - und: "2030 ist Deutschland, nicht mehr Japan, das Land mit der ältesten Bevölkerung der Welt". In Österreich sieht er ähnliche Trends. Wachstum geht für die Versicherung nicht mehr "organisch", nur mehr durch Fusionen und Übernahmen. Auch die engere Verflechtung der Versicherungswirtschaft mit anderen Finanzdienstleistern zu veritablen Allfinanzanbietern - a la Allianz/Dresdner Bank - werde zunehmen. Kooperationen reichen dafür laut Karner nicht aus, dazu seien zumindest Beteiligungen notwendig oder der Aufbau eigener Strukturen - eine Generali-Bank ist mittlerweile gegründet und wird noch im Dezember 2002 operativ tätig.
Eingebettet in die internationale Generali Group fühlen sich die stark im Osten - als nächstes in Kroatien - expandierenden Österreicher gut aufgehoben - immerhin hat Europas Nummer 3 als einer der wenigen Versicherungskonzerne seine Börsenkapitalisierung seit 1999 gesteigert.