Die österreichischen Versicherungsunternehmen laufen gegen die Pläne von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, in ihre Reservehaltung einzugreifen, Sturm. Die geplanten steuerlichen Maßnahmen würden dramatische Auswirkungen auf die Branche haben, hieß es am Wochenende bei einer Veranstaltung des Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs in Bad Tatzmannsdorf.
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Konkret ist die Auflösung von 20% der längerfristigen Schadenreserven, die fiktiv mit 70% der Schadenreserven festgesetzt werden, vorgesehen. Der resultierende Gewinn soll über fünf Jahre verteilt versteuert werden. Zusätzlich sollen die Schwankungsreserven in den Sachsparten völlig aufgelöst und der daraus resultierende Gewinn über drei Jahre verteilt versteuert werden, berichtete Verbandspräsident und Chef der Allianz-Gruppe in Österreich, Alexander Hoyos, vor Journalisten.
Die Versicherungswirtschaft, die sich "völlig überfahren" fühlt, würde pro Jahr mit 1,5 Mrd. Schilling oder insgesamt 7 Mrd. Schilling belastet werden. Bei einem Ergebnis vor Steuern von 2,5 Mrd. Schilling (1999) und einer Steuerbelastung von bisher 850 Mill. Schilling würde der Steuersatz rechnerisch auf 95% gesteigert. Die Versicherungswirtschaft würde also im Verhältnis zu allen anderen Sektoren "weit überproportional und konfiskatorisch" belastet, sagte Hoyos. Der Fiskus hole sich einen Teil der Leistungen, die eigentlich den Versicherungsnehmern gehörten. Im Gefolge würden Gewinne besteuert, die noch gar nicht erwirtschaftet seien.
Die geplante rückwirkende Einführung einer Besteuerung sei in der Kalkulation noch nicht berücksichtigt. Damit seien dramatische Verluste in den Schaden-/Unfall-Sparten vorprogrammiert, in der Folge seien Prämienerhöhungen unvermeidlich. Hoyos stellte auch in den Raum, dass österreichische Versicherer, um der Besteuerung der Rückstellungen legal zu entgehen, über Tochterunternehmen von EU-Nachbarstaaten nach Österreich herein arbeiten könnten. Die Steuern würden dann im Ausland erreichtet. Zudem würden Reserven ins Ausland abfließen und dort veranlagt, was wiederum negative Auswirkungen auf den heimischen Kapitalmarkt hätte. Und dies sei wohl nicht im Sinne der Regierung.
Im vergangenen Jahr hatte es bei den Schwankungsreserven einen Auflösungsbedarf von 1,5 Mrd. Schilling gegeben. Das versicherungstechnische Ergebnis in der Schaden- und Unfallversicherung betrug minus 5,4 Mrd. Schilling.
Die österreichische Versicherungswirtschaft erwirtschaftete 1999 bei den Prämieneinnahmen ein Plus von 7,3% auf 150,9 Mrd. Schilling. Die ausbezahlten Leistungen stiegen um 4,9% auf 103,4 Mrd. Schilling. Nach vorläufigen Prognosen werde heuer das Prämienaufkommen um 5,6% wachsen, sagte Hoyos.
Die Lebensversicherer freuen sich über eine Prämiensteigerung um 17,8% auf 66,5 Mrd. Schilling. Für heuer wird ein Plus von etwa 10,9% erwartet.
Die am 1. Jänner 2000 angelaufene mit einer staatlichen Prämie geförderten Pensionszusatzversicherung erbrachte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres ein Volumen von rund 24 Mill. Schilling. Ab 1. Jänner 2001 wird der Staat eine zusätzliche Prämie von 5,5% der geleisteten Versicherungsprämie (maximal 1.000 Euro) zahlen. Für die Versicherungswirtschaft ist das immer noch zu wenig. Sie fordert u.a., dass die Prämien von der Bemessungsgrundlage zur Einkommensteuer abgezogen werden können.