OSZE-Wahlbeobachter sind auch in stabilen Staaten keine Seltenheit.
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Wien. Er war wohl ein wenig vorschnell. Die Verfassungsrichter hatten am Freitag kaum den Saal verlassen, da erklärte Innenminister Wolfgang Sobotka vor den Journalisten, er werde für die Wiederholung der Stichwahl Wahlbeobachter der OSZE nach Österreich bestellen. Und zwar zumindest für jene 14 Bezirke, in denen der Verfassungsgerichtshof die von den Freiheitlichen in der Wahlanfechtung behaupteten Unregelmäßigkeiten bestätigt hat.
Diese Äußerung sorgte bei den anderen Regierungsmitgliedern für gehörigen Unmut. Justizminister Wolfgang Brandstetter sprach sich dagegen aus. Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner zeigte sich in der ORF-Sendung "Im Zentrum" am Sonntagabend skeptisch: Viel eher sollte es Wahlbeobachter der Länder in den Bezirkshauptmannschaften geben, meinte er. Kanzler Christian Kern lehnt Wahlbeobachter allein schon aus Imagegründen ab: "Üblicherweise ist das ein Instrument, mit dem Wahlen in instabilen Demokratien beobachtet und kontrolliert werden", sagte er im ORF. Und: Es bereite ihm "großes Unbehagen, wenn ich mir vorstelle, wir bitten die OSZE um Hilfe und begeben uns damit in eine Reihe mit Kirgistan, Kasachstan, Weißrussland und möglicherweise der Ostukraine".
Nun ja, in dieser Reihe sind wir schon längst, wenn man so will. Denn die Entsendung von OSZE-Wahlbeobachtern ist auch in stabilen Demokratien wie Österreich oder Deutschland keine Seltenheit. Wie berichtet, gibt es seit 2007 die gesetzliche Möglichkeit, Wahlbeobachter des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) nach Österreich einzuladen. Eine Wahlbeobachtungsmission muss immer auf einer Einladung beruhen - die OSZE wird niemals von sich aus tätig. In Österreich spricht das Außenministerium diese Einladung aus, zuerst bei der Bundespräsidentenwahl im Jahr 2010, dann bei der Nationalratswahl 2013 und auch heuer beim ersten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl.
Häufiger in Kasachstan als in Deutschland
Wien reiht sich damit nicht nur in eine Linie mit der kasachischen Hauptstadt Astana, sondern auch mit Berlin oder Brüssel - mit dem Unterschied, dass die OECD-Wahlbeobachter in Kasachstan bei drei Parlaments- und zwei Präsidentenwahlen zugegen waren, in Deutschland erst bei zwei, in Belgien bei drei Wahlen.
Das Wahlbeobachtungsverfahren ist dabei zweistufig - zuerst sprechen OSZE-Experten in einer sogenannten "Needs Assessment Mission" mit Vertretern der Wahlbehörden, Medien und Zivilgesellschaft, um herauszufinden, ob eine Wahlbeobachtung notwendig erscheint. Manchmal entscheidet man sich dagegen - wie etwa heuer beim ersten Wahlgang zur Präsidentschaftswahl. Oder es werden am Wahltag einige Wahlbeobachter in die Wahllokale geschickt. 2010 kamen elf Wahlbeobachter aus zehn Staaten nach Österreich, der Grund dafür war schlicht, dass noch nie zuvor eine Mission in Österreich war.
Diesmal waren am Tag des ersten Wahlgangs der Bundespräsidentenwahl zwar keine Beobachter auf offizieller ODIHR-Mission in Österreich. Allerdings habe es individuelle Wahlbeobachter aus mehreren Staaten - Moldau, Norwegen, Thailand und Ungarn - gegeben, bei der Stichwahl seien slowakische Wahlbeobachter akkreditiert gewesen, heißt es aus dem Innenressort. Diese individuellen Beobachter verfassen keine allgemein zugänglichen Berichte.
Umsetzung der Empfehlungen nach Ermessen
Der Bericht der offiziellen Mission ist hingegen auf der ODIHR-Website allgemein zugänglich - inklusive konkreter Empfehlungen. Was im betroffenen Staat damit geschieht, ist dessen Sache, heißt es aus dem ODIHR-Sitz in Warschau. Zwar haben sich die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, dass sie die Empfehlungen umsetzen, es gibt aber offenbar keine Konsequenzen, wenn sie das nicht tun. So ist in Österreich nach der Empfehlung aus 2010 der Einsendeschluss für die Briefwahlkarten vom fünften Tag nach der Wahl auf den Wahltag, 17 Uhr, vorverlegt worden, um taktisches Wählen nach Wahlschluss zu verhindern. Andere Empfehlungen, etwa zivilgesellschaftliche Beobachter in den Wahllokalen zuzulassen, wurden ignoriert.
Im Parlament werden ODIHR-Berichte nicht behandelt - "weder in den Ausschüssen, noch im Plenum", heißt es dort. Auch das Außenministerium ist lediglich für die Administration zuständig. Im Innenressort werden die Berichte immerhin "geprüft".
Klar ist jedenfalls, dass es "ein völlig normaler Vorgang ist, dass Mitgliedstaaten der OSZE die ODIHR einladen. Dazu braucht es auch keinen konkreten Anlass", sagt Außenministeriumssprecher Thomas Schnöll. Auch Innenminister Sobotka lässt sich von seinen Regierungskollegen nicht irritieren. "OSZE-Beobachter gehören zum internationalen Geschäft, sie sind selbstverständlich auch von uns einzuladen", sagte er am Montag. Er habe dies mit einem Brief ans Außenministerium bereits in die Wege geleitet.