Bayerns "Asylplan" ist ausgerechnet in der Frage der Abschiebung abgelehnter Personen auf Sand gebaut.
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Ein Anker sorgt für Halt, ein Plan steht für Solidität. An beidem fehlt es der deutschen Union aus CDU und CSU derzeit. Der Skandal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), wo in der Bremer Außenstelle rund 1200 Asylanträge unrechtmäßig bewilligt worden sein sollen, droht nicht nur Angela Merkel gefährlich nahezukommen. Schließlich wurde die Kanzlerin persönlich über Missstände in der chronisch überlasteten und überforderten Behörde unterrichtet. Da das Bamf dem Innenministerium untersteht und die CSU mit Horst Seehofer den Ressortchef stellt, zieht auch dort ein Sturm auf.
Diesen kann Markus Söder nicht gebrauchen, setzt doch Bayerns Ministerpräsident auf das Thema Sicherheit. So sollen die Christsozialen ihre absolute Mandatsmehrheit bei der Landtagswahl im Oktober behalten.
Um den Negativschlagzeilen beim Bamf den Wind aus den Segeln zu nehmen, inszeniert sich Söder flugs als Gegenpol, der einen "Asylplan" habe. Dieser wurde am Dienstag vom bayerischen Kabinett genehmigt. Der "Asylplan" ist ein weiteres Signal an die Sympathisanten der AfD, deren Rückkehr laut Söder Schlüssel für einen CSU-Wahlsieg sei.
Misstrauen Vorschub geleistet
Dabei lehnt sich Bayerns Ministerpräsident sprachlich an die Nationalpopulisten an: "Wir wollen zeigen, dass der Rechtsstaat noch funktioniert", sagt Söder. Er benennt nicht konkrete Missstände, sondern hebt sie auf die Ebene des gesamten politischen Systems, was eigentlich zur Grunddiktion der AfD zählt. Söder leistet damit dem Misstrauen in die Institutionen Vorschub.
Inhaltlicher Kern des "Asylplans" ist es, Personen, die keinen Schutzstatus erhalten, rascher auszuweisen. In sieben "Ankerzentren" sollen Asylwerber untergebracht werden, während ihr Verfahren geprüft wird. Nicht länger als drei Monate solle dieser Prozess dauern, kündigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann an. Die Antragsteller sollen während ihres Verfahrens vor Ort so wenig wie möglich sichtbar sein. Zugang zum Arbeitsmarkt oder Chance auf eine Ausbildung - die auch im Falle eine Abschiebung in die alte Heimat von Nutzen sein könnte - erhalten die Asylwerber in der Zwischenzeit nicht.
Statt Bargeld erhalten Asylwerber Chipkarten, auf denen Beträge geladen werden. Bezahlt wird dennoch, und zwar, falls sich der Antragsteller für die Rückkehr in die Heimat entschließt. Um die Asylanträge schnell bearbeiten zu können, sind neben den bayerischen Behörden auch Bamf-Mitarbeiter vor Ort notwendig. Dieses Problem ist unter Söder und Seehofer schnell lösbar. Die früheren Erzfeinde brauchen einander nun, um in München und Berlin zu reüssieren.
Einfach ist die Standortwahl zumindest im Falle Bayerns. Ein "Ankerzentrum" pro Regierungsbezirk ist geplant. Dabei handelt es sich nicht um neue Einrichtungen, bereits bestehende sollen genutzt werden. Außerhalb des Freistaates schlägt Bundesinnenminister Seehofer die Skepsis der Bundesländer entgegen, die sich gegen die Errichtung von "Ankerzentren" sträuben. Lediglich das Saarland und Sachsen - jeweils von CDU-Ministerpräsidenten geführt - sagten bisher Pilotprojekte zu. In Sachsen-Anhalt bestehen derartige Zentren bereits.
Zum bayerischen Vorhaben zählen auch Abschiebeflüge. Hier stößt Söder auf Grenzen: Bisher müssen Bundespolizisten an Bord sein. Angenommen, ein abgelehnter Asylwerber kommt in seiner Heimat an und diese ist nicht bereit, ihn zurückzunehmen, hat ein Landespolizist kein Pouvoir zu verhandeln.
41 Prozent der Geduldeten könnten gar nicht abgeschoben werden, die Staaten würden ihre Aufnahme verweigern, benennt Holger Stahlknecht, Vorsitzender der deutschen Innenministerkonferenz, das eigentliche Problem. Eine Lösung kann nicht Söder mit weiterem Aktionismus herbeiführen. Sondern nur der Bund in zähen Verhandlungen.