Das Innenministerium will mit einem Teuerungsausgleich private Quartiergeber unterstützen. Ein Überblick über die Grundversorgung.
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Ein knapp zweistündiger Asyl-Krisengipfel mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und den Landeshauptleuten hat am Mittwochabend keine entscheidenden konkreten Ergebnisse zur besseren Aufteilung von Flüchtlingen und zur Vermeidung von Zelten als Unterkünfte gebracht. Das Innenministerium hat am Donnerstag im Alleingang höhere Kostenersätze für private Quartiergeber in Form eines Teuerungsausgleichs versprochen. In Kärnten dienen weiter Zelte zur Unterbringung von Asylwerbern. Die "Wiener Zeitung" bringt Antworten zu den aktuellen Fragen zum Asylwesen:
Wie geht es nach dem Gipfel weiter?
Das Treffen am Mittwoch brachte zwar keine neuen Lösungen, am Donnerstag hat das Innenministerium aber einen Teuerungsausgleich für private Quartiergeber angekündigt. Von diesem werden in erster Linie, wenn auch nicht nur, jene betroffen sein, die Flüchtlinge aus der Ukraine beherbergen, wie der "Wiener Zeitung" im Büro von Innenminister Karner erläutert wurde. Immerhin haben rund 40.000 Kriegsvertriebene aus der Ukraine derzeit eine Unterkunft bei Privatvermietern. Der Teuerungsausgleich wird rückwirkend ab November ausgezahlt, der notwendige Beschluss im Nationalrat ist für Dezember vorgesehen. Das Innenministerium reagiert damit auch auf Forderungen von NGOs nach einer Steuerbefreiung für private Quartiergeber, was schwieriger umzusetzen gewesen wäre als der Teuerungsausgleich. Die genaue Höhe des monatlichen Teuerungsausgleiches, mit dem vor allem die gestiegenen Energiekosten abgegolten werden sollen, war vorerst noch offen, es ist aber eine Staffelung nach der Zahl geplant, je nachdem wie viele Personen beherbergt werden. Der Bund wird die Kosten für den Teuerungsausgleich allein übernehmen. Die prekäre Lage bei der Unterbringung von Asylwerbern neben den Ukraine-Flüchtlingen bleibt damit nach dem Asylgipfel aber weiter bestehen.
Welche Leistungen bekommen Asylwerber?
Während Menschen auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten, dürfen sie im Normalfall nicht arbeiten und haben auch keinen Anspruch auf Sozialleistungen wie die Mindestsicherung. Stattdessen wurde 2004 die Grundversorgung eingeführt. Die Menschen werden entweder in einem privaten oder einem etwa von Caritas oder Diakonie organisierten Quartier untergebracht. Dort werden sie auch verpflegt oder bekommen je nach Bundesland ein Verpflegungsgeld von etwa 5,50 bis 6,50 Euro pro Tag, um sich selbst zu versorgen. Dazu kommen - je nach Unterbringungsart - ein Taschengeld sowie Zuschüsse für Kleidung oder Schulbedarf. Wer privat untergebracht ist, erhält außerdem einen Mietkostenzuschuss in der Höhe von 150 Euro monatlich. Vier Monate nach Abschluss des Asylverfahrens endet der Anspruch auf Grundversorgung, immerhin stehen den Geflüchteten nun Arbeitsmarkt sowie Sozialleistungen offen.
Aber nicht nur Asylsuchende haben Anspruch auf Versorgung, auch subsidär Schutzberechtigte und ukrainische Vertriebene - beide Gruppen haben Zugang zum Arbeitsmarkt - werden über diese Schiene versorgt, sofern sie die Zuverdienstgrenze von 110 Euro nicht überschreiten. Im Oktober einigten sich Bund und Länder auf eine Erhöhung dieser Grenze auf 485,85 Euro, allerdings nur für Ukrainer. Beschlossen ist das noch nicht.
Wie viele Menschen sind in der Grundversorgung?
Die Zahl der Menschen in Grundversorgung schwankt täglich. Nach den aktuellsten, vom Innenministerium kommunizierten Zahlen waren mit Ende September 90.690 Personen in der Grundversorgung, davon knapp zwei Drittel aus der Ukraine. Das ist zwar im Vergleich zum Vormonat ein Anstieg von 1.170, spiegelt aber keineswegs die mehr als 15.700 Asylanträge wieder, die im selben Zeitraum gestellt wurden. Das hat mehrere Gründe: Einerseits werden Asylverfahren abgeschlossen und Menschen verlieren ihren Anspruch auf Grundversorgung. Andererseits reisen offenbar viele Personen weiter, auch nachdem sie bereits einen Asylantrag in Österreich gestellt haben. Aufgrund der strengeren Grenzkontrollen werden nämlich auch zahlreiche Menschen aufgegriffen, die nie beabsichtigt haben, in Österreich zu bleiben, sondern andere europäische Länder anstreben, um dort etwa schwarz als Erntehelfer zu arbeiten.
Wer ist zuständig für die Unterbringung?
60 Prozent der Kosten für die Grundversorgung trägt der Bund, 40 tragen die Länder. Während geprüft wird, ob Österreich für das Asylverfahren zuständig ist, wird der Antragsteller in einem Quartier der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) untergebracht. Sobald er zum Asylverfahren zugelassen ist, sind die Länder für die Unterbringung zuständig.
Für jeden Platz in einem organisierten Quartier bekamen Quartiergeber einen Tagessatz von 21 Euro. Im Juni einigten sich Bund und Länder auf eine Erhöhung auf 25 Euro. Dem müssen allerdings auch die Landtage zustimmen - und das dauert. Bisher werden nur in Wien und Tirol die erhöhten Tagessätze ausbezahlt. Der Verein Asylkoordination warnt, dass mit diesem Betrag Asylquartiere nicht kostendeckend geführt werden können.
Warum wurden Zelte aufgestellt?
Verteilt werden sollten die Bezieher der Grundversorgung nach einer Quote, die Bund und Länder vor Jahren vereinbart haben und die nach der Einwohnerzahl berechnet wird. In der Praxis funktioniert die Verteilung nicht. Nur Wien und das Burgenland halten die Quotenregelung ein, in Wien wird die Quote mit 180 Prozent mehr als übererfüllt. Das führt dazu, dass gut 5.000 Menschen in der Bundesbetreuung bleiben, die eigentlich von den Bundesländern übernommen werden müssten - das sind mehr als zwei Drittel aller Personen in den Bundesquartieren. Die für das Innenministerium tätige BBU hat seit Wochen Schwierigkeiten, genügend Plätze zu finden, daher wurden als Ersatz auch Zelte auf Bundesarealen aufgestellt. Damit steigt auch der Druck auf die Länder, zusätzliche Quartiere zu finden.
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Wie viele Menschen sind in Zelten untergebracht?
Ganz genau lässt sich das nicht sagen, weil in Oberösterreich gerade die Vorbereitungen dafür angelaufen sind, dass Asylwerber, die Mitte Oktober in 17 Zelten im Erstaufnahmezentrum Thalham in der Gemeinde St. Georgen im Attergau (Bezirk Vöcklabruck) eine Notunterkunft haben beziehungsweise hatten, nun vom Land Oberösterreich übernommen werden und in feste Flüchtlingsquartiere des Landes übersiedeln sollen. Die Gemeinde hat mittels Bescheid Einspruch gegen die längerfristige Beherbergung der Asylwerber in Zelten erhoben. Fix ist, dass die Zelte in Thalham geräumt und abgebaut werden, wurde vonseiten der Bundesbetreuungsagentur bestätigt. In Tirol ist das bereits passiert: Dort sind 16 Asylwerber aus Zelten in der Polizeischule in Absam bei Innsbruck auf Betreiben des neuen Vizelandeshauptmannes und Integrationsreferenten Georg Dornauer (SPÖ) in feste Unterkünfte übersiedelt worden. Zelte wurden auch in Feldkirch in Vorarlberg aufgestellt, aber es wurden keine Asylwerber einquartiert, weil das Land Vorarlberg feste Alternativquartiere aufgetrieben hat. Am Donnerstag standen noch Zelte in Kärnten, die tatsächlich auch belegt waren. Das waren sowohl in Klagenfurt und Villach jeweils fünf Zelte, pro Zelt für acht Mann, in Klagenfurt waren diese aber nicht voll belegt.
Wie ist die Situation der Ukrainer?
Ukrainer, die seit Ende Februar nach Österreich geflüchtet sind, stellen einen Sonderfall dar. Sie dürfen auf Basis der EU-Massenzustromrichtlinie (vorerst befristet für ein Jahr) in Österreich bleiben und müssen keinen Asylantrag stellen, weshalb sie auch nicht als Asylwerber gezählt werden. Gegenüber Asylwerbern haben sie einige Privilegien: So haben Ukrainer in Österreich Zugang zum Arbeitsmarkt, Anspruch auf Familienbeihilfe und dürfen frei wählen, in welchem Bundesland sie sich im Rahmen der Grundversorgung aufhalten. Der Großteil ist in privaten Quartieren untergebracht. Viele dieser Unterkünfte stehen aber nur zeitlich begrenzt zur Verfügung, weshalb immer mehr Ukrainer Plätze in organisierten Quartieren benötigen. Damit steigt der Druck auf diese Quartiere, wo bereits jetzt Plätze fehlen. Das Innenministerium möchte mit dem nun angekündigten Teuerungsausgleich sicherstellen, dass private Quartiergeber ihre Unterkünfte weiter für Ukraine-Flüchtlinge zur Verfügung stellen.