Kurz und heftig. Das Strohfeuer rund um die Causa Erstaufnahmestelle dürfte - zumindest vorerst - erloschen sein. Die SPÖ ist nach einem ersten Protest gegen die von Innenministerin Maria Fekter angedachte Aufenthaltspflicht in Erstaufnahmestellen nun zurückgerudert. Hatte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek noch am Sonntag erklärt, ihr drehe es bei diesem Gedanken "der Magen um", so meinte Kanzler Werner Faymann am Dienstag gelassen, Fekter solle einen Gesetzestext vorlegen, den man dann "sehr genau prüfen" werde.
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Der Koalitionsfriede ist also wieder hergestellt, der Schaden ist dennoch bereits angerichtet - vor allem für die SPÖ. Während nämlich die ÖVP einen Mini-Sieg verbuchen kann - Fekters Idee ist ja nicht vom Tisch -, muss sich die SPÖ den Vorwurf gefallen lassen, einen Zick-Zack-Kurs zu fahren. Die Sozialdemokraten haben nicht nur überhastet auf Fekters Vorstoß reagiert, sondern auch gleich verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet - ohne, dass noch ein Entwurf im Spiel gewesen wäre.
Fekters Sieg ist freilich auch mit Vorsicht zu genießen: Die Idee wurde, darin sind sich politische Beobachter einig, aus der Not geboren. Nach dem missglückten Vorstoß in Eberau musste die Ministerin die Flucht nach vorne antreten.
Mit der Einigung der Koalition ist aber auch der Weg frei für eine sachliche Debatte in der Asylfrage. Dabei geht es neben der Anwesenheitspflicht um die Frage, ob eine dritte Erstaufnahmestelle überhaupt notwendig ist. In Sachen Anwesenheitspflicht sind sich auch die Experten mittlerweile in ihrer Ablehnung nicht mehr einig. So kann sich etwa Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt eine kurzfristige Kasernierung vorstellen, wenn gleichzeitig schneller geklärt wird, ob ein Asylwerber in Österreich zum Verfahren zugelassen wird. Daran spießt es sich aber: Asylwerber verbringen bis zu 20 Tage in den Erstaufnahmezentren. Zum Vergleich: Jenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach eine Internierung sehr wohl möglich ist, bezieht sich auf einen siebentägigen Lageraufenthalt.
Die SPÖ beharrt darauf, dass die dritte Erstaufnahmestelle nicht notwendig wäre, würden alle Bundesländer ihre Quote erfüllen. Diese Forderung mag ja politisch gut klingen, scheitert aber an der Realität. Denn es geht um zwei völlig unterschiedliche Phasen im Verfahren: In einer Erstaufnahmestelle kommen jene Flüchtlinge unter, die auf die Zulassung zum Asylverfahren warten, in die Grundversorgung der Länder jene, die bereits zugelassen wurden. Nur in Traiskirchen gibt es laut Anny Knapp von der Asylkoordination 100 unbegleitete Minderjährige, die auf einen Betreuungsplatz warten - in Eberau sollen aber 300 neue Plätze entstehen.
Eine dritte Aufnahmestelle erscheint also unumgänglich. Die Diakonie hat aber mit dem Vorschlag aufhorchen lassen, die Asylwerber früher im Verfahren auf kleine Betreuungsstellen in allen Bundesländern zu verteilen. Nur beißt sich hier die Katze in den Schwanz, da sich die Länder bekanntlich gegen Betreuungsstellen wehren. Die Einigung der Koalition ist also wohl nur der Anfang einer langen Debatte.
Siehe auch:Asylstreit ist fast beigelegt