Es ist tatsächlich ein "skurriler" Plan, den Innenministerin Maria Fekter am Mittwoch aufs Tapet gebracht hat. Darin sind sich die politischen Beobachter einig. Einen Standort für die geplante neue Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge über einen Wettbewerb zu suchen, ist wohl mindestens genauso skurril, wie Patenschaften für die Erteilung des Humanitären Aufenthalts zu verlangen.
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Andererseits: Steckt nicht auch ein Fünkchen Genialität hinter diesen Skurrilitäten? Sieht man einmal davon ab, dass sich letztere Idee nicht richtig verwirklichen ließ, so bot sich dadurch doch die Möglichkeit, die stets unzufriedenen Nichtregierungsorganisationen in die Pflicht zu nehmen. Und auch der aktuelle Fall bedarf wohl einer genaueren Betrachtung.
Dass eine neue Erstaufnahmestelle "im Süden Österreichs" entstehen soll, ist Teil des Regierungsprogramms. Dennoch hat Fekter nicht einfach irgendeinen Standort ausgewählt und der betroffenen Gemeinde per Verordnung ein Flüchtlingslager vor die Nase gesetzt. Einerseits geht es dabei wohl um die Imagepflege des angeschlagenen Innenressorts - die Ministerin selbst lobt die Kampagne als "objektiven und transparenten Vorgang". Andererseits könnte sich Fekter mit dieser Flucht nach vorne geschickt aus der Affäre ziehen. Denn wenn sich keine Gemeinde meldet, könnte sich die Ministerin immer noch auf ihren guten Willen berufen - und selbst eine Entscheidung fällen.
Auf diese Art könnte auch der Streit um das in Leoben geplante Schubhaftzentrum beigelegt werden. Nachdem sich der Gemeinderat und der steirische Landeshauptmann Franz Voves dagegen ausgesprochen haben, scheint die Ministerin hier kaum noch Spielraum zu haben. Allerdings: Fekter hat auch erklärt, dass keinesfalls beide Einrichtungen im grünen Bundesland angesiedelt werden. Sollte sich also eine steirische Gemeinde als Standort für das Erstaufnahmezentrum bewerben, wäre das Problem Leoben für Fekter ohne gröbere politische Blessuren erledigt. Freilich muss dann wieder ein neuer Standort für das Schubhaftzentrum her.
Fakt ist jedenfalls, dass die Erstaufnahmestellen in Thalham und Traiskirchen entlastet werden müssen. Fakt ist wohl auch, dass sich - trotz der wirtschaftlichen Verlockungen - kaum eine Gemeinde freiwillig dazu bereit erklären wird, 250 Flüchtlinge aufzunehmen. Das haben die Vertreter der betroffenen Bundesländer mehr als deutlich gemacht.
Anzunehmen ist daher, dass es wohl auch in diesem Fall zu einem Kompromiss kommen wird, mit dem sich große Teile der betroffenen Bevölkerung wenig bis gar nicht anfreunden können. Trotz aller Skurrilität und womöglich auch Fruchtlosigkeit des Unterfangens: Die Innenministerin hat sich damit wohl weitgehend aus der Schusslinie genommen.
Siehe auch:
Asyl als krisenfeste Branche