Dublin-Verfahren dauern in der Regel bis zu sechs Wochen. | Wien. In Österreich hat vergangene Woche der Fall einer Armenierin und ihrer 14-jährigen Tochter für Aufregung gesorgt. Die beiden mussten vier Jahre auf die Letztentscheidung warten, dass Ungarn nach der Dublin-Verordnung für ihr Asylverfahren zuständig ist.
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Normalerweise dauere die Entscheidung über die Zuständigkeit mit vier bis sechs Wochen viel kürzer, sagt Rudolf Gollia vom Innenministerium. Die meisten Dublin-Fälle schiebt Österreich nach Ungarn, Polen und Tschechien zurück, wo allerdings die Chancen für die Menschen, auch tatsächlich Asyl zu erhalten, wesentlich geringer sind als in Österreich.
Scharfe Kritik gibt es an Österreichs Dublin-Praxis vor allem in Sachen Schubhaft und Rückführungen nach Griechenland. Denn seit Inkrafttreten des neuen Fremdengesetzes Anfang des Jahres dürfen Dublin-Fälle vermehrt in Schubhaft genommen werden. Gollia meint dazu: "Wenn es zur Sicherstellung der Abschiebung notwendig ist, wird die Schubhaft verfügt."
Aus den aktuellen Zahlen lässt sich der vom UN-Flüchtlingshochkommissariat befürchtete sprunghafte Anstieg der Schubhaften nicht ablesen: So wurden von Jänner bis September vergangenen Jahres 4475 Schubhaft-Fälle gezählt, heuer waren es im selben Zeitraum rund 220 mehr.
Abschiebungen nach Griechenland verhindert
Das größere Problem sind derzeit Abschiebungen nach Griechenland, dessen Umgang mit Asylwerbern nicht nur von Nichtregierungsorganisationen scharf kritisiert wird. Im ersten Halbjahr 2010 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte europaweit 260 Abschiebungen nach Griechenland verhindert, drei aus Österreich.
In diesen Fällen müsse Österreich vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, also das Verfahren im Land abwickeln, sagt Gollia. Serienmäßig geschieht das offenbar nicht. So kritisiert der Asylanwalt Herbert Pochieser, dass auch nach den EGMR-Entscheidungen Menschen "sogar verstärkt" nach Griechenland abgeschoben worden seien.