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Es bleibt nichts als ungläubiges Staunen. Die Aussage des hochgelobten neuen Vizekanzlers Reinhold Mitterlehner am Dienstag, man könne die Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Kampf gegen den vermeintlichen Zustrom von Asylwerbern durchaus "ventilieren", ist ein trauriger Höhepunkt in der aktuellen Asyldebatte, die an Populismus der handelnden Akteure nicht zu übertreffen ist.
Zur Erinnerung: Begonnen hat alles damit, dass angesichts der Krisenherde auf der Welt die Zahl der Asylwerber leicht angestiegen ist - übrigens in kleinerem Ausmaß, als sie im Vorjahr gesunken ist. Daraufhin nutzte der einflussreiche niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll das Sommerloch, um einen Aufnahmestopp in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen zu verhängen. Und zwar völlig ohne aktuellen Anlass. Denn bei diesen Zahlen von einem Asylansturm zu reden, ist lächerlich, Traiskirchen ist außerdem für mehr Personen zugelassen, als damals in der Erstaufnahmestelle waren. Und schließlich sind die Länder nicht erst seit heuer, sondern bereits seit Start der Grundversorgungsvereinbarung, also seit zehn Jahren, mit der Schaffung von Quartieren im Hintertreffen.
Doch dessen nicht genug, jetzt will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner auch noch die Grenzen dichtmachen. Ja, die Zahl der Asylsuchenden steigt, aber in einem für Österreich verkraftbaren Ausmaß. Aber Schengen auszusetzen wäre nur dann möglich, wenn die innere Sicherheit und öffentliche Ordnung Österreichs durch die Asylsuchenden gefährdet wären, wovon wir weit entfernt sind. Daneben ist eine solche Ansage mit Blick auf die Brandherde in der Welt, tausende Leichen im Mittelmeer und Länder wie den Libanon, wo mehr als eine Million Syrien-Flüchtlinge aufgenommen werden, purer Zynismus.
Statt sich der Verantwortung Österreichs in der Welt - und teils im Verfassungsrang befindlicher Abkommen zum Schutz von Flüchtlingen - bewusst zu werden, schaut man in der Regierung auf die nächsten Wahlen und die Abgrenzung zur rechten Flanke. Diese Art der Eskalationsspirale kennen wir sonst nur von den Freiheitlichen im Wahlkampf.