SOS Mitmensch freut sich über "Etappensieg", will aber weiterkämpfen.
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Wien. Es ist eine späte Korrektur, aber immerhin: Jugendliche Asylwerber dürfen künftig in Österreich eine Lehre machen. Ein entsprechender Erlass des Sozialministeriums ist am Dienstag an das Arbeitsmarktservice versendet worden.
Wie berichtet, dürfen die rund 20.000 Menschen, die in Österreich auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten, zwar theoretisch einer Arbeit nachgehen, praktisch wird ihnen das jedoch verunmöglicht. Denn laut Ausländerbeschäftigungsgesetz erhalten Arbeitgeber eine Beschäftigungsbewilligung für Asylwerber, die seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind. Ein Erlass des damaligen ÖVP-Wirtschaftsministers Martin Bartenstein aus 2004 beschränkt diese Möglichkeit aber auf Saisonniers - also auf eine maximal sechsmonatige Beschäftigung. Dadurch hatten jugendliche Asylwerber bisher auch keine Chance, eine Lehrlingsausbildung zu absolvieren.
Zumindest das ist seit Dienstag anders: In dem Erlass ist von "geänderten Arbeitsmarkt- und migrationspolitischen Rahmenbedingungen" die Rede. Daher halte es das Ministerium "für vertretbar, jugendlichen Asylwerbern im öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interesse für die Dauer ihres Asylverfahrens eine Ausbildung und eine sinnvolle Beschäftigung zu ermöglichen, die später - auch bei negativem Verfahrensausgang - anderswo nutzbringend eingesetzt werden kann".
Die Voraussetzungen, die die Jugendlichen - neben einem Schulabschluss und Sprachkenntnissen - erfüllen müssen, sind immer noch recht eng gefasst. So betrifft die Neuregelung nur Asylwerber, die unter 18 Jahre alt sind. Außerdem ist die Beschäftigungsbewilligung nach wie vor an den Arbeitgeber gebunden.
Ersatzkraftverfahren nötig
Das heißt, der Asylwerber muss sich einen Arbeitgeber suchen, der auch eine Lehrstelle für ihn zur Verfügung hat und für ihn eine Beschäftigungsbewilligung beantragt. Erteilt wird diese für alle Berufe, in denen ein nachgewiesener Lehrlingsmangel besteht und wenn für die entsprechende Lehrstelle keine bevorzugte Ersatzarbeitskraft - also etwa ein österreichischer oder ein EU-Staatsbürger - zur Verfügung steht (Ersatzkraftverfahren). Schließlich muss auch noch der Regionalbeirat des AMS zustimmen.
Alexander Pollak von SOS Mitmensch spricht von einem "Etappensieg". Unter dem Motto "Machen wir uns stark" fordert der Verein gemeinsam mit M-Media und dem Wiener Integrationshaus den vollen Arbeitsmarktzugang für Asylwerber nach sechs Monaten. Seit 1. Mai hat die Initiative bereits mehr als 7500 Unterschriften gesammelt. "Der Erlass ist ein erfreulicher erster Schritt, aber er deckt wieder nur einen Teil der Betroffenen ab", sagt Pollak. Viele jugendliche Asylwerber seien erst nach ihrem 18. Geburtstag in der Lage, eine Lehre zu beginnen - wegen schwieriger Fluchterfahrungen oder schlechter Deutschkenntnisse.
Im Sozialministerium denkt man indes nicht über eine weitere Ausweitung des Arbeitsmarktzugangs für Asylwerber nach. "Das ist jetzt der Status quo, mehr wird nicht überlegt", heißt es dazu aus dem Büro von Rudolf Hundstorfer. Auch will man den Erlass dort sichtlich nicht überbewerten: Betroffen seien nur einige hundert Jugendliche, die Voraussetzungen seien sehr kompliziert - und eine Arbeitsbewilligung habe keine Auswirkungen auf den Ausgang des Asylverfahrens. "Aber wenn die Jugendlichen schon da sind, dann sollen sie auch etwas Sinnvolles tun", verlautet aus dem Ministerbüro. Und: Damit würde man auch dem Staat beim Sparen helfen. Schließlich wirkt sich die Lehrlingsentschädigung mindernd auf die Höhe des Taschengelds in der Grundversorgung (40Euro monatlich) aus.