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AT: Gallahers schönste Tochter

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Viel Freude hat der britische Tabakriese Gallaher (Benson & Hedges) mit der vor etwas mehr als einem Jahr erworbenen Austria Tabak (AT). Gallaher-Chef Nigel Northridge zog am Dienstag in Wien vor der Presse zufrieden Bilanz. Und auch die Österreicher sind nicht unglücklich: Volle Auslastung der Werke, neue Produktionen hereingeholt, zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. AT-Generaldirektor Heinz Schiendl lässt es ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages vorzeitig genug sein: Nach 40 Jahren im Berufsleben - davon 38 bei der AT und seit 1. Juli 1996 im Vorstand - scheidet er per Jahresende aus dem Unternehmen aus. In seiner AT-Laufbahn stieg der Zigarettenexport von rund 2 Mrd. um das 9-fache auf 19 Mrd. Stück.


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Mit der Übernahme von Swedish Match im Jahr 1999 brachte Schiendl die AT auf den Weg zum Europa-Player. Sein Nachfolger als Vorstandssprecher wird der Brite Nigel Simon (46), an seiner Seite in dem auf zwei Personen reduzierten AT-Vorstand: Rudolf Wagner (59).

Die Gallaher Group Inc, 100%-Mutter der Wiener Austria Tabak AG, meldete für das 1. Halbjahr 2002 kräftige Steigerungen bei Umsatz und Gewinn - hauptsächlich dank der erstmals voll konsolidierten Österreich-Tochter. Der Umsatz hat sich gegenüber dem 1. Halbjahr 2001 um 84% auf 4,2 Mrd. Pfund (6,6 Mrd. Euro) verbessert, der Betriebserfolg (EBITA) kletterte vor Abschreibung auf immaterielle Vermögenswerte um 32% auf 291 (220) Mill. Pfund.

Allein in Kontinentaleuropa verbesserte sich das EBITA von 30,1 auf 104,8 Mill. Pfund, wofür in erster Linie die von Austria Tabak beigesteuerten 72 Mill. Pfund verantwortlich waren. Ohne Austria Tabak hätte es beim EBITA nur einen Zuwachs um 9% auf 32,8 Mill. Pfund gegeben. Gallaher-Chef und CEO Northridge sprach von einem "sehr erfolgreichen Halbjahr", in dem Gallaher ein Wachstum des Zigarettenvolumens von 59% und eine Steigerung des Gewinns je Aktie um 16% erzielt habe. Synergieeffekte aus dem Kauf der Austria Tabak seien deutlich sichtbar. Wie versprochen wird Wien als Europa-Zentrale weiter gestärkt.

Im Zuge der Schließung des Austria Tabak-Werkes in Malmö/Schweden hat Gallaher die Produktion der dort jährlich produzierten 4 Mrd. Stück Zigaretten nach Österreich und vor allem nach Linz verlagert. Die Stilllegung des Werks sei planmäßig Ende Juni erfolgt. Aber auch in Österreich ist man nicht unzufrieden: Immerhin in den vergangenen Monaten konnte die gesamte American Blend-Produktion auch aus den englischen Werken - dortt konzentriert man sich auf die Virginia-Blends - in die österreichischen Fabriken geholt werden, erst jüngst lief in Schwaz auch die Produktion der neuen "Benson&HedgesRED" und deren "Light"-Version in der 25er-Packung an - mit der will man gegen die "Marboro" des US-Konkurrenten Philip Morris punkten.

Und auch die Zigarrenroller im steirischen Fürstenfeld profitierten bisher von der Eingliederung in einen großen europäischen Player: Unter anderem ein neuer Zigarillo - "Terranos" - für Frankreich sorgt dort für Auslastung. Insgesamt laufen die österreichischen Werke im Vier-Schichtbetrieb mit voller Auslastung.

Kein Wunder allerdings, meinen Kritiker, dass die österreichischen Fabriken gefragt sind: Waren sie doch schon vor der Akquisition europäische Benchmarks bei Kosten und Qualität.

Dass eine Gruppe um Ex-AT-Chef Beppo Mauhart und den Schauspieler und Zigarrenfreund Heinz Marecek jetzt gegen den "Ausverkauf der Kunstschätze des Tabakmuseums" protestiert, wird in der Porzellangasse eher mit einem müden Lächeln kommentiert: "Ja, wir versteigern Lagerware, die früher zusammengekauft worden ist."

Gallaher beschäftigt rund 9.500 Mitarbeiter und produziert Marken wie Benson & Hedges, Silk Cut, Dorchester, Memphis oder milde Sorte. http://www.gallaher-group.com