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Atempause für die Banken

Von WZ-Korrespondentin Kathrin Lauer

Politik

Laut dem ungarischen Höchstgericht sind Fremdwährungskredite nicht sittenwidrig.


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Budapest. Die in Ungarn aktiven Banken können vorerst aufatmen, nachdem das Oberste Gericht des Landes klargestellt hat, dass Fremdwährungskredite und das damit verbundene Wechselkursrisiko nicht sittenwidrig - also demnach grundsätzlich legal sind. Das Thema ist hochgradig sensibel, weil von den zehn Millionen Ungarn etwa eine Viertelmillion in eine Schuldenspirale geraten sind. Sie hatten Hypotheken-Kredite in Schweizer Franken und in Euro für den Hauskauf aufgenommen, angelockt durch niedrige Zinsen. Die Forint-Entwertung hatte diesen Schein-Vorteil aber zunichte gemacht - ja, mehr noch, viele Schuldner ruiniert. Ihre Rettung hat sich Ungarns rechtsnationale Regierung unter Viktor Orban, die sich im nächsten Frühjahr Parlamentswahlen stellen muss, auf die Fahne geschrieben.

Angesichts dieser Konstellation und dem daraus resultierenden politischen Druck auf das Höchstgericht wird das Urteil vor allem von den Orban-Gegnern als wichtiger Erfolg für die Unabhängigkeit der Justiz gewertet. Dieses Gericht sei "die letzte Festung des Rechtsstaats" in Ungarn, freute sich der Soziologe Tamas Bauer. Wie viel Bestand die Entscheidung hat, bleibt allerdings fraglich, denn in Ungarn waren Gerichtsurteile schon in der Vergangenheit nicht unbedingt heilig. Orbans Partei Fidesz hat mit ihrer parlamentarischen Zwei-Drittel-Mehrheit bereits Regelungen, die sogar vom Verfassungsgericht gekippt wurden, ruckzuck in die Verfassung aufgenommen und somit quasi in Stein gemeißelt. Und auch nach dem aktuellen Urteil stellte der Fidesz-Fraktionschef Antal Rogan klar, dass seine Partei weiterhin der Meinung sei, dass Fremdwährungskredite abgeschafft werden müssten. "Wir sind enttäuscht, denn das Oberste Gericht hat sich auf die Seite der Banken gestellt", sagte er.

Dass ein Verbot der Devisenkredite nun in der Verfassung verankert werden könnte, scheint weniger wahrscheinlich. Orban hat inzwischen offenbar eingesehen, dass zu radikale Schritte zu einem Eigentor werden können. Ursprünglich hatte Orban nämlich verlangt, dass alle Devisenkredite in Forint konvertiert werden. Fachleute wandten ein, dass eine solche Maßnahme unweigerlich den Forint ruinieren würde. Der dadurch entstehende Schaden würde deutlich mehr Ungarn betreffen, als jene, die derzeit mit Fremdwährungskrediten kämpfen. Die regierungsnahe Tageszeitung "Magyar Nemzet" nahm - offensichtlich erstaunt - zur Kenntnis, dass der Forint nach dem Gerichtsurteil am Montag postwendend erstarkt ist.

Vorsichtige Opposition

Allerdings ließ das Gericht den Punkt außer Acht, den die Regierung für den wichtigsten hält: Zur Frage, ob es rechtens sei, dass die Banken bei laufenden Kreditverträgen eigenmächtig zwischendurch den Zinssatz erhöhen dürfen, gab es kein Urteil. Neben dem Wechselkursrisiko ist dies ein Hauptvorwurf gegen die Institute. Zu diesem Punkt erklärte sich das Gericht für inkompetent und verwies ihn an den Europäischen Gerichtshof.

Als bisher letzte Hilfsmaßnahme für die Fremdwährungskreditnehmer hatte Fidesz im November durchgesetzt, dass der Kreis derjenigen, die ihre Kredite zu günstigeren Wechselkursbedingungen zurückzahlen können, erweitert wird. Die Verluste finanzieren die Banken und der Staat, die Schuldner selbst zahlen auch einen Teil davon, aber sehr viel später. Dass es nun vor den Wahlen ein weiteres Hilfspaket geben werde, halten die meisten Finanzexperten für sicher - während politische Analysten wie etwa Peter Kreko vom Think-Tank "Political Capital" meinen, dass Orban dies nicht nötig habe. Seine Wiederwahl sei ohnehin sicher, er könne sich in jedem Fall als Retter der Ungarn und Kämpfer gegen die "ausbeuterischen" Banken darstellen - auch ohne deren Interessen großen Schaden zuzufügen.

Ungarns linke Oppositionsparteien kommentierten das Gerichtsurteil sehr zurückhaltend. Auch ihnen ist klar, dass sie ihre ohnehin sehr geringen Chancen bei der Wahl mit Sympathieerklärungen für die Banken nicht verbessern. Nur die rechtsradikale Oppositionspartei Jobbik rief zu Massendemonstrationen in ganz Ungarn auf, für den Fall, dass Fidesz nichts mehr für die Rettung der Schuldner unternehme.