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Athen blufft

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Selbstbetrug sei es, was die neue griechische Regierung betreibe, wird in den Brüsseler EU-Institutionen gemault. Deren Finanzminister erklärte, dass diese Regierung mit der sogenannten "Troika" nicht mehr kooperieren werde. Das Sparprogramm sei nicht umsetzbar. Gleichzeitig muss Griechenland heuer etwa 20 Milliarden Euro an die internationalen Geldgeber, vor allem EZB und Internationaler Währungsfonds (IWF) zurückzahlen.

Das engt den Spielraum der neuen linkspopulistischen Regierung gewaltig ein - allerdings auch den der Gläubiger. Genau das ist der einzige Trumpf Athens in der aktuellen Debatte, und offenbar gedenkt sie zu bluffen. Denn die griechischen Banken werden nach geltendem Recht nur noch bis Ende Februar finanziert. Nur solange es ein EU-Hilfsprogramm (= Troika) gibt, akzeptiert die EZB griechische Staatsanleihen als Sicherheit. Und das läuft noch bis Ende Februar. Sollte es nicht verlängert werden, stehen die griechische Banken vor einem Kollaps - und alle müssten die Forderungen abwerten.

Es ist also davon auszugehen, dass es im Lauf des Februar - nach etlichen verbalen Unfreundlichkeiten - zu einem neuen Hilfsprogramm für Griechenland kommen wird.

Ob die Rückzahlung der offenen Kredite 60 Jahre und länger gestreckt wird, steht indes in den Sternen. Ähnliches müsste dann wohl auch Spanien zugestanden werden, dort sieht es die EU-Kommission aber mit größerem Gefallen. Erstens würde der dortigen Linksbewegung Podemos, die in den Umfragen vor den regierenden Konservativen liegt, der Wind aus den Segeln genommen werden. Zweitens würde sich der Aufschwung Spaniens durch die sinkende Belastung beschleunigen können.

Die große Frage ist also, ob die kurze Zeit für all dies ausreichen wird. Das ist einfach zu beantworten: niemals. Die neue griechische Regierung spricht daher von Hilfe aus Russland, was angesichts der aktuellen Entwicklung in der Ukraine nur als naiv bezeichnet werden kann.

Tsipras sollte - nach den ersten starken Sagern - erkennen, dass seine Ideen nur eine Chance haben, wenn er sie innerhalb der EU diskutiert. Er selbst hat erklärt, dass Griechenland in der Eurozone bleiben soll. Starke Sprüche schaffen aber keine Freunde in Europa. Die braucht er aber, denn nur sie verschaffen jene Zeit, die Griechenland so dringend benötigt.