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Athen und Ankara sprechen über Ägäis

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Griechenland und die Türkei wollen morgen, Dienstag, in Ankara mit Gesprächen über strittige Gebietsansprüche in der Ägäis beginnen.


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Nach griechischen Angaben handelt sich um Sondierungsgespräche. "Dabei soll festgestellt werden, in wie fern wir uns auf einen Dialog und zu welchen Themen einigen können", sagte Panagiotis Beglitis, Sprecher des griechischen Außenministeriums. Die Gespräche sollen auf der Ebene der Direktoren der Außenministerien stattfinden, zunächst in Ankara, dann in Athen.

Damit sprechen die beiden ehemals verfeindeten Staaten erstmals über Themen, die für die griechische Seite bisher als unverhandelbar galten. Athen und Ankara streiten über Hoheitsgewässer, den Luftraum, die Zugehörigkeit von Felseninseln und die Entmilitarisierung der Ostägäis-Inseln. Die Streitigkeiten hatten die beiden NATO-Staaten in den vergangenen Jahrzehnten an den Rand eines Krieges gebracht.

Der Beginn der Gespräche, die die Außenminister Griechenlands und der Türkei, Giorgos Papandreou und Ismail Cem, vor einigen Wochen in Istanbul vereinbart hatten, ist nach Einschätzung der griechischen Presse das Ergebnis der so genannten Erdbebendiplomatie. Nach den verheerenden Beben in der Westtürkei und in Athen im August und September 1999 hatten sich Athen und Ankara gegenseitig geholfen. Cem und Papandreou nutzten die Gunst der Stunde und unterzeichneten eine Reihe von Abkommen, die zur Annäherung zwischen beiden Seiten führte.

Auf die Klärung der Hoheitsansprüche in der Ägäis drängt die Europäische Union hinsichtlich Wunsches der Türkei, der Union beizutreten. Im Gegensatz zur Zypern-Frage - auf deren Klärung die EU besteht - könnte die Ägäis-Frage auch bilateral weiter verhandelt werden. "Wenn alles nach unserem Plan läuft, müssen wir in der zweiten Jahreshälfte unsere Entscheidung über die Erweiterung treffen", betonte der zuständige Kommissar, Günter Verheugen, bei seinem Besuch in der zypriotischen Hauptstadt Nikosia. Man könne der Bevölkerung nicht sagen, dass sie so lange warten müsse, bis eine spezifische Frage gelöst sei, sagte Verheugen im Hinblick auf die geteilte Insel. Er bevorzuge die Aufnahme des wieder vereinigten Inselstaates in die Union, das sei aber, so Verheugen, keine Bedingung.

Seit 1974 besetzen türkische Truppen den nördlichen Inselteil. Die griechischsprachige Gruppe und die türkischen Zyprioten führen derzeit Gespräche über eine Lösung der Insel-Teilung, um zu vermeiden, dass nur der griechische Landesteil in die Union aufgenommen wird. Mit einem derartigen Szenario hat die EU in der Vergangenheit bereits gedroht - was wiederum die Türkei auf die Barrikaden brachte. Wie berichtet, hat die EU mit der Türkei noch keine Beitrittsverhandlungen aufgenommen, obwohl das Land Kandidatenstatus besitzt. Die Zypern-Gespräche sind bisher ergebnislos verlaufen.