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Troika legte Bericht zu Reformen der griechischen Regierung vor.|Aufschub der Sparziele möglich.
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Brüssel/Athen. Zeitdruck hin oder her: Die Finanzminister der Eurozone wollen sich mit Zusagen für Griechenland nicht drängen lassen. Als sie zu einer weiteren Nachtsitzung in Brüssel zusammenkamen, um über finanzielle Unterstützung für das hoch verschuldete Land zu beraten, wurde noch keine Entscheidung zur Auszahlung einer weiteren Hilfstranche erwartet. Der Beschluss könnte allerdings schon bald fallen: In einer Telefonkonferenz am morgigen Mittwoch könnte die Eurogruppe die Überweisung des Teilbetrags in Höhe von 31,5 Milliarden Euro vereinbaren, hieß es aus Diplomatenkreisen.
Einige wichtige Bedingungen dafür hat Athen nämlich bereits erfüllt. In der Vorwoche hat das Parlament ein neues Sparprogramm mit einem Volumen von 13,5 Milliarden Euro gebilligt, und in der Nacht auf Montag hat es dem Haushaltsplan für 2013 zugestimmt. Auch dieses Budget sieht Einsparungen vor: rund 9,4 Milliarden Euro, von denen 7,6 Milliarden durch Gehalts- und Pensionskürzungen erzielt werden sollen.
Noch dazu liegt nun der länger erwartete Bericht der sogenannten Troika vor. Die Überprüfung des Reformprozesses in Griechenland durch Vertreter der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) gehörte ebenfalls zu den Forderungen der internationalen Geldgeber. Und die Kontrolleure zeichneten ein durchaus positives Bild von der Lage. Die Griechen hätten ja auch tatsächlich viele Anstrengungen unternommen, erklärte Jean Claude Juncker, der Vorsitzende der Eurogruppe. Welche Voraussetzungen jedoch Athen noch zu erfüllen habe, ließ er zunächst unbeantwortet.
Auch aus Berlin kamen Warnungen vor zu hohen Erwartungen. Es gebe nämlich noch offene Finanzierungsfragen und andere Details zu klären, hieß es aus dem Kabinett von Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Gleichzeitig gab es Lob für die Mühen Griechenlands. Bundeskanzlerin Angela Merkel zollte "großen Respekt" für die "Kraftanstrengung" des Landes. Anerkennende Worte fand ebenfalls der französische Finanzminister Pierre Moscovici. Er sprach von der Verantwortung, "Griechenland die Hand auszustrecken und mit einer politischen Vereinbarung bereitzustehen".
Rettung vor dem Bankrott
Die Entschlossenheit, den Staat vor dem Bankrott bewahren zu wollen, wird jedenfalls immer wieder betont – sowohl in Brüssel als auch in den Hauptstädten der Eurozone. Doch ist Athen ohne frisches Geld bald pleite, und zusätzlich muss es am Freitag fällige Anleihen im Wert von fünf Milliarden Euro bedienen. Laut EU-Kreisen ist daher eine Zwischenfinanzierung möglich: Es sei nicht nötig, die gesamte Hilfstranche auf einmal auszuzahlen.
Ein Problem bilde aber noch immer die Unklarheit, ob die Schulden Griechenlands sich in einem Rahmen bewegten, in dem Athen sie bewältigen könne. Dazu habe die Troika noch keine Bewertung abgegeben.
Bisher wurde angenommen, dass die sogenannte Nachhaltigkeit bei der Bedienung der Schulden im Jahr 2020 erreicht werden könne. Bis dahin hätte auch die Schuldenlast auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt werden sollen. Doch laut Prognosen der EU-Kommission wird die Schuldenquote im kommenden Jahr noch fast 190 Prozent betragen. Daher sei nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters die Troika zu der Annahme gelangt, dass der Schuldenberg 2020 auf 144 Prozent der Wirtschaftsleistung fallen werde – solange die Regierung ihre Spar-und Reformpolitik nicht grundlegend ändere.
Immerhin soll das Land für die Umsetzung seiner Sparziele zwei Jahre mehr Zeit erhalten. Das geht aus dem Entwurf einer neuen Vereinbarung zwischen der Troika und Athen hervor. Denn auch die Geldgeber verweisen auf die wirtschaftliche Rezession, die schärfer als erwartet sei. Der Finanzbedarf wurde mit fast 33 Milliarden Euro beziffert, wenn die Sanierung der öffentlichen Finanzen bis 2016 dauert.
Dass mehr Zeit auch mehr Geld bedeute, betonte ebenfalls die österreichische Finanzministerin Maria Fekter. "Und da spießt es sich", stellte sie vor dem Treffen mit ihren Amtskollegen in Brüssel fest: "Woher soll denn das Geld kommen?" Die Belastbarkeit der Mitgliedstaaten habe ihre Grenzen, gab Fekter zu verstehen. Bei den Ländern und deren Bürgern fehle das Verständnis dafür, dass möglicherweise weitere Hilfspakete beschlossen werden müssten. Daher seien "kreative Herangehensweisen" nötig, befand die Ministerin und nannte als Beispiele Umschichtungen, Streckungen von Zahlungszielen und unter Umständen die Umwidmung von Gewinnen der EZB.
Ein weiterer Schuldenschnitt – für den manche Experten plädieren – bleibt indes umstritten. Denn da müssten die Eurostaaten einen Teil ihrer Hilfen verloren geben. Auf eine derartige Entschuldung für Athen haben sich Länder und Banken schon einmal, vor einem Jahr, geeinigt. Private Gläubiger mussten mehr als die Hälfte ihrer Kredite abschreiben. Dadurch wurden die Schulden Griechenlands um rund 100 Milliarden Euro verringert.