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Athener Linke und EU liefern sich Duell um Schulden-Rückzahlung

Von Michael Schmölzer

Wirtschaft

Die EZB spricht erstmals offen | von griechischem Euro-Austritt.


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Athen/Brüssel/Wien. Nach dem Wahlsieg radikaler politischer Parteien in Griechenland werden die Töne in Athen, aber auch in der EU immer schriller. Die griechische linksextreme Syriza-Partei, zweitstärkste Kraft und mit der Bildung einer Regierung beauftragt, hat das Sparprogramm, zu dem sich Athen auf Druck internationaler Geldgeber verpflichtet hat, für null und nichtig erklärt. Syriza-Vorsitzender Alexis Tsipras hat einen entsprechenden Brief an die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank geschrieben. Er eröffnet beiden Institutionen ein klares "Nein" Griechenlands. Der 37-jährige Ingenieur hat bei den Wahlen mehr als eine Million Griechen mit dem Versprechen überzeugt, dass kein weiterer Cent Schuldentilgung aus Griechenland fließen werde. Man wolle nicht zulassen, dass internationale Geldgeber das Land vernichten.

Allerdings musste Tsipras schon am Mittwochabend einräumen, mit der Regierungsbildung gescheitert zu sein. "Wir können unseren Traum einer linken Regierung nicht wahr machen."

Die EU hatte zuvor in ungewohnt scharfer Form auf die Pläne Tsipras reagiert. Plötzlich ist von einem Euro-Aus für Griechenland und einem Stopp der Kreditzahlungen die Rede. So stellt die Europäische Zentralbank erstmals eine Rückkehr Griechenlands zur Drachme in Aussicht. Athen könne nach den Wahlen nicht mit der Bereitschaft der EZB rechnen, sein Sanierungsprogramm neu zu verhandeln, sagt EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen. Dem Schulden-Land müsse klar sein, dass es zu dem Sanierungsprogramm keine Alternative gebe, "wenn Griechenland Mitglied der Euro-Zone bleiben will", stellt Asmussen in einem Interview klar. Die Aussagen stellen einen Kursschwenk der EZB dar - nie zuvor wurde ein Ausstiegsszenario von dieser Seite aus offen thematisiert.

Westerwelle droht mit

Stopp für Hilfszahlungen

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle wird noch deutlicher und droht Athen mit einem Stopp aller EU-Hilfszahlungen, sollte man vom Sparkurs abrücken. "Wenn Griechenland den Reformkurs beendet, sehe ich nicht, dass die entsprechenden Tranchen ausgezahlt werden können. Ob Griechenland in der Eurozone bleibt, liegt allein in den Händen Griechenlands", so der Minister. Er warnt Athen außerdem vor den internen Folgen einer Abkehr vom Sparkurs. "Wenn Griechenland sich entscheiden sollte, den Reformkurs abzubrechen, wird das vor allem zu Lasten der einfachen und weniger privilegierten Menschen gehen."

Der Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn droht den griechischen Radikalen ebenfalls. Kein Land der EU werde auch nur "einen Teil" der vereinbarten Hilfskredite zur Verfügung stellen, "wenn nicht eine Regierung am Werke ist, die die Regeln einhält", so der Außenminister.

Die Chefs der moderaten griechischen Parteien, die am Sonntag vom Wähler massiv dafür abgestraft wurden, dass sie den internationalen Sparvorgaben zugestimmt haben, schlagen unterdessen die Hände über dem Kopf zusammen. Der Vorsitzende der Konservativen, Antonis Samaras, rief den Linksradikalen Tsipras auf, "zu sich zu kommen". Er appellierte an alle Kräfte der politischen Mitte und des rechten Spektrums, eine pro-europäische Front gegen die linke anti-europäische Bewegung zu bilden. Auch der Chef der Sozialisten, Evangelos Venizlos, mahnte zur Besonnenheit. Tsipras agiere bereits wie der neue griechische Regierungschef, obwohl er nur ein Mandat für Koalitionsverhandlungen habe, heißt es hier.

Nach dem nunmehrigen Scheitern Tsipras sind laut Verfassung sind die in der Wahl drittplatzierten Sozialisten der Pasok am Zug. Allerdings wird erwartet, dass auch sie mit der Regierungsbildung scheitern. Damit sind Neuwahlen immer wahrscheinlicher. Als Termine sind der 10. Juni oder der 17. Juni im Gespräch. Sollte das Land nicht bald zu einer stabilen politischen Ordnung zurückfinden, wäre eine Pleite im Sommer unausweichlich.

Noch fließt Geld in das Schulden-Land. Am heutigen Donnerstag erhält Athen die nächste Tranche in Höhe von 5,2 Milliarden Euro. Die Auszahlung werde stattfinden, "wie es bereits beschlossen wurde", so der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn. Doch die Zeichen stehen auf Sturm. Eine Visite der Geldgeber-Troika, die für Mitte Mai geplant war, wurde angesichts der unklaren politischen Verhältnisse bereits verschoben. Bald könnte die EZB griechische Banken nicht mehr als Geschäftspartner bei ihren Refinanzierungsgeschäften akzeptieren. Das wäre dann das Ende Griechenlands in der Euro-Zone.