Hardliner in Teheran fordern Auflösung des Abkommens bei neuen US-Sanktionen.
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Wien/Teheran. Der Nukleardeal zwischen dem Westen und dem Iran steht wenige Tage vor der bevorstehenden 61. Generalversammlung der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA/IAEO) in Wien auf dem Prüfstand.
Eigentlich sollten alle Beteiligten, sprich der Iran und die fünf UN-Vetomächte (Frankreich, Russland, China, Großbritannien und die USA) plus Deutschland zufrieden sein. Denn laut der IAEA hält sich Teheran weiterhin an die Vorgaben des Atomabkommens vom Juli 2015. Worum geht es? Im Kern des Konflikts stand die Urananreicherung. Der Iran darf Uran nur noch auf einem niedrigen Niveau anreichern, um eine Verwendung für den etwaigen Atomwaffenbau auszuschließen. Gemäß dem Atomabkommen wurden die meisten Zentrifugen zur Urananreicherung abgebaut. Der Iran hat sich verpflichtet, sein Atomprogramm stark einzuschränken und von der IAEA kontrollieren zu lassen, im Gegenzug hat der Westen die Finanz- und Wirtschaftsanktionen gegen die Islamische Republik aufgehoben.
Obwohl sich der Iran an das Abkommen hält, hat Washington erneut an der Sanktionsschraube gedreht. Die Begründung der US-Administration: Der schiitische Golfstaat unterstütze den Terrorismus und missachte grundlegende Menschenrechte.
US-Präsident Donald Trump, der mit der Iran-Annäherungspolitik seines Vorgängers Barack Obama gebrochen hat, ist kein Freund des Deals. Vielmehr sympathisiert der Chef des Weißen Hauses mit dem Erzrivalen der Perser, dem saudischen Königshaus. Nicht umsonst machte er seine erste Auslandsreise nach Riad und unterschrieb dort einen 100-Milliarden-Dollar-Waffendeal. Geht es nach Trump, sollen bald noch härtere Strafmaßnahmen gegen die Perser durch den Senat gepeitscht werden. Das wiederum ruft die einflussreichen Hardliner in Teheran auf die Barrikaden. Sie haben die Regierung und Präsident Hassan Rohani aufgefordert, das Abkommen bei neuerlichen US-Sanktionen "binnen Stunden" aufzukündigen. Rohani, der den Deal als seinen größten politischen Erfolg in der ersten Amtszeit bezeichnet und ihn unbedingt halten will, blieb nichts anderes übrig, als in einer TV-Ansprache eine deutliche Warnung an Washington auszusprechen.
Die "gescheiterte Erfahrung von Sanktionen und Zwang" habe frühere US-Regierungen an den Verhandlungstisch gebracht, sagte er. "Falls sie zu Sanktionen zurückkehren wollen, werden wir noch viel schneller zu unserer früheren Situation zurückkehren. US-Präsident Trump hat der Welt gezeigt, dass er kein guter Partner ist", warnte der moderate Präsident. Einen Plan B, nämlich die Wiederaufnahme der Urananreicherung auf 20 Prozent, hat die iranische Führung bereits in der Schublade, sollten die USA aus dem Abkommen aussteigen. "Wenn wir die Entscheidung treffen, können wir in der Anlage in Fordo in fünf Tagen beginnen, Uran auf 20 Prozent anzureichern", sagte der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, der ebenfalls in Wien erwartet wird, wiederholt.
Einstweilen will Teheran die IAEA-Sitzung nutzen, um sich zu beschweren, dass die Amerikaner den Deal "durch neue Giftpfeile" torpedieren und wichtige Vereinbarungspunkte wie die Aufhebung der bankenbezogenen Wirtschaftssanktionen immer noch nicht umgesetzt haben. Das letzte Wort in allen Belangen hat im Iran der Oberste Geistliche Führer, Ayatollah Seyed Ali Khamenei. Noch steht er hinter dem Deal rund um Rohani und seinen Joker, Außenminister Javad Zarif, wenngleich Ultrakonservative Khamenei nahelegen, seinen Zuspruch zu revidieren.