Außenminister der Konfliktparteien sollen als Vermittler bald nach Wien kommen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Teheran/Wien. Mitten im islamischen Fastenmonat Ramadan ist es im Iran mittlerweile zur Tradition geworden, dass sich die gesamte Führungsspitze der Islamischen Republik beim Obersten Geistlichen Führer Ayatollah Seyed Ali Khamenei einfindet. Dort wird nicht nur aus dem Koran zitiert und das Fastenbrechen zelebriert, sondern vor allem politisiert. So geschah es auch am Montagabend. Khamenei nutzte die mediale Aufmerksamkeit, um auf die sechste Runde der Wiener Atomgespräche Bezug zu nehmen und damit den laufenden Verhandlungen einen gehörigen Dämpfer in puncto Erfolgsaussichten zu verpassen.
Dabei sah es doch diesmal so aus, als ob man sich näherkäme. Mit dem Entwurf für ein endgültiges Abkommen wurde begonnen, und es ging seit 2. Juli - wenn auch nur schleppend - einiges weiter. Bis 20. Juli, jener Deadline, die man sich selbst gesetzt hatte und die auch das Ende des Interim-Abkommens vom November markiert, sollte der Konflikt beigelegt werden. Im fast elf Jahre andauernden Streit, in dem es darum geht, dass der Iran dem Westen überprüfbare Garantien dafür gibt, dass sein Atomprogramm ausschließlich einen friedlichen Charakter hat, will Khamenei ein Ende der schmerzlichen Wirtschaftssanktionen gegen Teheran erwirken. Dennoch blieb er inhaltlich bei seinen Ausführungen unnachgiebig. Er sprach sich für 190.000 iranische SWU (seperative work units) zur Isotopspaltung von Uran aus. Abschließend lobte Khamenei das iranische Atomteam rund um Außenminister Mohammad Javad Zarif und seinen Stellvertreter Abbas Araghchi.
Außenminister als Krisenfeuerwehr
Araghchi jedenfalls stellte am Dienstag klar, dass der Verzicht auf die nuklearen Rechte des Iran ausgeschlossen wäre.
Doch genau die Zentrifugen- und Urananreicherungsfrage bereitet dem Westen, der den Iran verdächtigt, unter dem Deckmantel eines friedlichen Nuklearprogramms heimlich an Atomwaffen zu arbeiten, starkes Kopfzerbrechen.
Denn mit den entsprechenden Zentrifugen und der Urananreicherung kann man auch waffenfähiges Uran anreichern. Wie die "Wiener Zeitung" am Dienstag erfuhr, sollen nun die Außenminister der Konfliktparteien möglichst bald als "Krisenfeuerwehr" nach Wien reisen, um den Verhandlungsprozess wieder in Gang zu bringen und die Gespräche auch bei Bedarf zu verlängern.
"Der Karren steckt im Dreck und wir müssen ihn wieder herausziehen. Denn momentan sind die Verhandlungen etwas ins Stocken geraten", meinte ein westlicher Diplomat. Wenn US-Außenminister John Kerry und seine Amtskollegen wie etwa Sergej Lawrow demnächst nach Wien kommen, heiße das aber nicht, dass man einen etwaigen Deal bereits zur Unterzeichnung fertig habe, hieß es am Dienstag.
Alle Beteiligten sprachen zwar von "nützlichen und intensiven Gesprächen", gleichzeitig aber auch von "eklatanten und erheblichen Meinungsunterschieden in wichtigen Bereichen".
Khamenei scheint all dies nicht zu beeindrucken. Er sprach seinem Team sein Vertrauen aus und mahnte die Kritiker zur Vorsicht. Gleichzeitig forderte er die iranischen Verhandler auf, "auf keines der iranischen Rechte zu verzichten".
Die kommenden Tage werden zeigen, wie der Westen auf die unnachgiebige Verhandlungsposition Teherans reagieren wird. Am Dienstagnachmittag wurden von Zarif und der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton weitere Expertengespräche avisiert.