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Atomkraft für den Klimaschutz?

Von Georg Friesenbichler

Europaarchiv

EU-Umweltminister beraten über umstrittenes Papier.


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Brüssel/Wien. Wenn am heutigen Freitag die EU-Umweltminister in Brüssel zusammenkommen, stehen Beratungen über ein heikles Papier auf dem Programm: die "Klima-Roadmap 2050", die von der dänischen EU-Kommissarin Connie Hedegaard erarbeitet wurde. Sie sieht die Reduktion von Treibhausgasen bis 2050 um mindestens 80 Prozent vor. Was auf den ersten Blick wie eine umweltpolitische Großtat aussieht, birgt aber für Atomkraftkritiker Sprengstoff.

Denn der Kernkraft wird darin eine wesentliche Rolle, zumindest als "Brückentechnologie", zugestanden, ebenso wie dem umstrittenen CCS-Verfahren. Hinter dieser Abkürzung für "Carbon Dioxide Capture and Storage" verbirgt sich eine noch in Entwicklung befindliche Methode, den CO2-Ausstoß von Kohlekraftwerken und anderen Emittenten abzufangen und das Treibhausgas unterirdisch auf unbegrenzte Zeit zu speichern. Österreich hat ihre Nutzung verboten, weil die Risiken noch nicht abschätzbar sind und sich bei der Endlagerung des Kohlendioxids ähnliche Probleme ergeben wie bei Atommüll.

Auf dem Hedegaard-Papier beruht auch die "Energie-Roadmap 2050", die der zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger im Dezember vorgestellt hat. Oettinger leugnete zwar jede Präferenz für die Nuklearenergie, seine Szenarien würden aber den Bau von 40 neuen Atomkraftwerken notwendig machen. Greenpeace hielt diesen Plan für "Buckeln" vor Frankreich und Polen, aus Oettingers deutscher Heimat kam Kritik, dass der Kommissar den Ausstieg Berlins aus der Atomkraft nicht berücksichtigt habe.

Auch das Hedegaard-Papier, das vor der Atomkatastrophe von Fukushima entwickelt worden ist, berücksichtigt nicht die Schlussfolgerungen, die sich aus dem Unfall vor einem Jahr ergeben haben, kritisiert Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer Österreich. Atomkraft stünde eben für viele europäische Länder ebenso wenig wie CCS zur Verfügung, die für die Industrie vorgesehenen Kürzungen ihres CO2-Ausstoßes - bis zu 40 Prozent im Jahr 2030 - seien also in dieser Form nicht erfüllbar. "Das Ganze müsste völlig neu berechnet werden", schlussfolgert Schwarzer.

Im Umweltministerium in Wien betont man allerdings, dass in den Schlussfolgerungen des Umweltrates kein Wort zu Atomkraft oder CSS enthalten ist. Die von der EU-Kommission vorgelegten Szenarien, in denen auch die Atomkraft berücksichtigt ist, sind nicht Gegenstand des heutigen Beschlusses, vielmehr gehe es lediglich um die allgemeine Ausrichtung der EU-Klimapolitik, heißt es aus dem Ressort von Umweltminister Niki Berlakovich. Der Minister habe aber immer betont, dass die Klimaziele nicht mit Nuklearenergie zu erreichen sind und dass das eine unsichere Technologie ist. Die Klimaschutzziele beschäftigen die Umweltminister auch wegen der auf dem Weltklimagipfel von Durban beschlossene Verlängerung des Kyoto-Protokolls. Es wird darüber beraten, ob die nächste Kyotoperiode bis 2017 oder bis 2020 dauern soll.