EU und Atommächte wollen diplomatische Lösung. | Ahmadi-Nejad lädt Blair zur Holocaust-Konferenz ein. | London/Brüssel/Teheran. Europas Außenpolitik stand am Montag ganz im Zeichen der Herausforderungen des Nahen Ostens. Bei dem EU-Außenministertreffen ging es neben dem Hamas-Sieg in Palästina auch um den Atomkonflikt mit dem Iran. Das von Außenministerin Ursula Plassnik geleitete Treffen galt daher als das bisher heikelste im Rahmen der österreichischen Präsidenschaft.
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Die 25 Außenminister bemühten sich in Brüssel, eine gemeinsame Linie zu finden. Dabei standen erstmals auch Wirtschaftssanktionen gegen Teheran im Raum. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte am Montag im ZDF mit Blickrichtung auf die geplante Krisensitzung der Internationalen Atomenergiebehörde Anfang Februar in Wien: "Wir werden sicher sagen: 'weiter verhandeln', aber gleichzeitig auch vor allem beim Vorstandsgespräch der Atomenergiebehörde eine klare Position einnehmen und auch den UN-Sicherheitsrat mit einschalten". Zu dem russischen Vorschlag, der Iran könne Uran auf russischem Gebiet anreichern, gab sich Ferrero-Waldner eher pessimistisch.
Noch am Wochenende waren versöhnlichere Töne zu hören gewesen. Der britische Außenminister Jack Straw etwa unterstrich am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos, dass der Westen auf Verhandlungen setze, die es auch dem Iran erlauben sollten, seine "nationale Würde" zu bewahren. "Wir müssen ein Verhandlungsergebnis erzielen, das es beiden Seiten erlaubt, mit erhobenem Kopf und nicht erniedrigt aus den Gesprächen zu kommen", so sein Plädoyer.
Lösung durch Dialog
Auch die Gegenseite zeigte sich vorsichtig versöhnlich. Irans Außenamtssprecher Hamid-Reza Assefi beteuerte am Sonntag die Kompromissbereitschaft seiner Regierung: "Der Dialog ist die einzige Lösung. Die Europäer sollten nichts überstürzen."
Zu der EU-Außenministerkonferenz waren auch iranische Vertreter eingeladen, die der EU ein Angebot von ihrer Regierung mitbrachten. Dem Vorschlag zufolge würde die Regierung in Teheran mit der IAEO festlegen, in welchem Umfang der Iran Uran für Forschung und Entwicklung anreichern darf, und darüber hinaus gehende Anreicherungstechniken unterlassen. Anschließend gab es Gespräche der fünf ständigen UNO-Sicherheitsratsmitglieder USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China in London, um das weitere Vorgehen, insbesondere in Hinblick auf die für Donnerstag geplante IAEO-Sitzung zu erörtern.
Die iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran) drohten unterdessen mit dem Einsatz von ballistischen Raketen, sollte ihr Land angegriffen werden. Die Welt wisse, dass der Iran über ballistische Raketen mit einer Reichweite von 2000 Kilometern verfüge, erklärte der Kommandant der Revolutionsgarden, General Yahya Rahim Safavi, im staatlichen Fernsehen.
Ungeachtet der internationalen Kritik hält die iranische Führung auch an "der Aufklärung des Mythos Holocaust" (Zitat eines iranischen Parlamentariers) fest. Zu der geplanten Holocaust-Konferenz in Teheran lud sie nun erstmals den britischen Premierminister Tony Blair ein. "Es wäre gut für Herrn Blair, an dem Seminar teilzunehmen", meinte Außenamtssprecher Hamid Reza Assefi am Sonntag. Blair könne bei der Konferenz seinen Standpunkt darlegen. Der britische Regierungschef hatte die Idee eines Seminars über die Judenvernichtung als "schockierend, lächerlich und dumm" bezeichnet und Irans Präsidenten Mahmud Ahmadi-Nejad empfohlen, sich einige Holocaust-Stätten in Europa anzusehen.
Unterdessen wurde in Teheran ein Streik, den die Gewerkschaft der öffentlichen Busbetriebe für Samstag angekündigt hatte, um die Freilassung etlicher Gewerkschaftsführer zu fordern, mit Hilfe der paramilitärischen Basij-Anhängerschaft verhindert. Laut einem Sprecher der Protestbewegung setzte die Polizei dabei in einigen Stadtteilen Tränengas ein.