Wie die "Wiener Zeitung" berichtete, sprach sich nach Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) auch die Amtsführende Präsidentin des Wiener Stadtschulrats, Susanne Brandsteidl (S), für eine Reform der AHS-Oberstufe aus. Für die weit gehenden Reformideen Brandsteidls müssten die Lehrpläne der gesamten Oberstufe neu entwickelt werden, unverändert bliebe nur die Matura. Die Reform soll vor allem die Attraktivität der AHS-Oberstufe steigern und die Schüler auf Universität bzw. Fachhochschule (FH) vorbereiten.
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Im Endeffekt sollten sich die Jugendlichen mehr mit der gewählten Schulform identifizieren können. Bereits in der 5. und 6. Klasse will Brandsteidl den Schülern das für den Besuch der Universität nötige Allgemeinwissen vermitteln, da einzelne Fächer vom Schüler später nicht mehr so intensiv belegt werden müssten. Probleme sieht sie darin nicht: Auch an den BHS würden nicht in jedem Jahr alle Fächer unterrichtet werden.
Viel Kür, wenig Pflicht
Mitte der 6. Klasse müssen sich die Schüler nach Brandsteidls Konzept für ihre weitere Laufbahn entscheiden und ihre Kurse auswählen: Ab der 7. Klasse wird die Klassenstruktur aufgelöst, und es gibt kein Jahreszeugnis mehr. Vielmehr wird die weitere Laufbahn bis zur Matura in vier Semester gegliedert, in denen die Schüler die verschiedenen Module absolvieren.
Ein Grundstock an Fächern müsse dabei gewählt werden, meinte Brandsteidl - "den restlichen Stundenplan kann man nach individuellen Schwerpunkten zusammen stellen." Pflichtfächer sind in Brandsteidls Modell Deutsch, Mathematik sowie zwei lebende Fremdsprachen. Darüber hinaus kann der Schüler aus vier Töpfen (Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften, Sprachen und verbindliche Übungen) wählen, wobei aus jedem Topf eine bestimmte Mindeststundenzahl absolviert werden müsste. Daraus ergibt sich etwa, dass der Schüler ein aus seiner Sicht ungeliebtes naturwissenschaftliches Fach streichen kann, andere Gegenstände aus der Gruppe der Naturwissenschaften müssen aber belegt werden.
Module sind aufbauend
Die einzelnen Semester-Module wie "Geschichte I" oder "Mathematik - Grundkurs I" sind dann aufeinander aufbauend - bevor das jeweils vorige nicht absolviert ist, kann der darauf folgende Teil ebenfalls nicht positiv abgeschlossen werden. Ausnahme: Der Schüler kann bei zwei Kolloquienterminen beweisen, dass er das Versäumte nachgeholt hat und sich so die Wiederholung eines Moduls ersparen. Alle Module werden in Grund- und Leistungskursen angeboten. Die Schüler absolvieren diese nach dem Vorbild der Unis mit dem Erwerb von "Scheinen".
Wer nach vier Semestern alle Kurse positiv absolviert hat, kann nach den Plänen von Susanne Brandsteidl zur Matura antreten. Voraussetzung für den Abschluss eines Moduls ist übrigens eine gewisse Mindest-Anwesenheitszeit. Die Stadtschulratspräsidentin denkt dabei vorerst an 80 Prozent der Unterrichtszeit.
Gleiche Stundenanzahl
Für die Schüler der 7. und 8. Klasse soll die derzeitige Unterrichtszeit von im Schnitt 35 Stunden pro Woche unverändert bleiben. Grundkurse werden mit drei Wochenstunden, Leistungskurse mit fünf Wochenstunden bewertet. Der Schüler muss zwei Spezialkurse und 7 Grundkurse pro Semester auswählen. Aus dem Pool an verbindlichen Übungen (Präsentationsformen, Sozialprojekte etc.) müssen außerdem zwei Wochenstunden absolviert werden.
Die bisherigen Klassenvorstände mutieren nach Brandsteidls Konzept in der 7. und 8. Klasse zu "Schülerbetreuern". Sie beraten die Jugendlichen, welche Fächer gewählt werden sollen und kontrollieren, wer bereits welche "Scheine" hat.
Klar ist sich Brandsteidl darüber, dass nicht jede AHS alle möglichen Module - vom Mathematik-Grundkurs bis zum Spanisch-Leistungskurs - wird anbieten können. Hier müssten aber die Schulen selbst Schwerpunkte setzen.