Große Erwartungen setzen die Börseexperten der Bank Austria-Creditanstalt (BA-CA) in die Wiener Börse. Das Kursniveau des österreichischen Leitindex ATX werde heuer um 20% steigen, erklärte gestern vor Journalisten Alfred Reisenberger, Chef der Österreich-Aktienanalyse bei der BA-CA.
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Damit würde der ATX seinen Höhenflug fortsetzen und die Schallmauer von 3.000 Punkten durchbrechen. Innerhalb des vergangenen Jahres hat der Leitindex um 57% auf nun über 2.500 Punkte zugelegt. Derartiges werde nicht wiederholbar sein, betonte kürzlich die Raiffeisen Centrobank in ihrer ATX-Analyse. RCB-Chefanalystin Brigitte Kuras erwartet, dass der Leitindex bis zum Jahresende auf 2.700 Punkte steigen wird.
Die BA-CA begründet ihre hohen Erwartungen mit dem allgemein freundlichen wirtschaftlichen Ausblick. Für die Eurozone werde für das Jahr 2006 ein beschleunigtes Wirtschaftswachstum von 2% (nach heuer 1,5%) prognostiziert - die Aktienmärkte würden schon 2005 positiv darauf reagieren. "Die Musik spielt nach wie vor in Westeuropa", schob Reisenberger übertriebene Ostfantasien beiseite. Zwar würden die österreichischen Unternehmen besonders von den höheren Wachstumsraten in Osteuropa profitieren, aber am wichtigsten seien für sie noch immer die Märkte in Österreich und Deutschland.
Als Hauptgrund für seinen Optimismus führt Reisenberger das überdurchschnittliche Gewinnwachstum der ATX-Unternehmen an, das heuer 18,4% betragen soll. Von der Bewertung her sei die Wiener Börse nach der bereits vier Jahre andauernde Outperformance gegenüber dem Eurostoxx-50 zwar nicht mehr billiger als andere westeuropäische Aktienmärkte, aber immer noch attraktiv bewertet. Unterstützung kann sich der vergleichsweise kleine Wiener Markt auch vom aktuellen Trend zu niedrig kapitalisierten Unternehmen, die sich an den Aktienbörsen zuletzt deutlich besser als die internationalen Blue-Chips schlugen, erhoffen. "Das wird sich auch im laufenden Jahr fortsetzen", erwartet Reisenberger.
Deutlich mehr Liquidität
Sehr positiv interpretiert Reisenberger auch den steten Anstieg der täglichen Handelsumsätze in den vergangenen Jahren auf über 200 Mio. Euro im Jänner 2005, nach rund 150 Mio. Euro im Vorjahresmittel. "Wir schließen daraus, dass immer noch Geld in den Markt fließt." Das habe auch die BA-CA-Investorenkonferenz im Jänner in Kitzbühel gezeigt. Nun scheint sich aber auch eine Kehrseite der starken Kursgewinne der letzten Jahre zu offenbaren: "Wir erkennen an unseren Gesprächen, dass der eine oder andere Investor vorsichtiger geworden ist".
Änderungen im ATX
Zu einer möglichen Anzahl neuer Börsegänge in Wien wollte sich Reisinger nicht äußern. Mögliche Kandidaten sind jedenfalls die Raiffeisen International, in der die Ostbanken der Raiffeisenzentralbank zusammengefasst sind. Der Börsegang ist schon lange angekündigt und wird vermutlich noch heuer über die Bühne gehen. Eine Privatisierung der österreichischen Post über die Börse ist im Gespräch, aber noch nicht fixiert. Zu Verschiebungen könnte es im ATX unter anderem auch durch den geplanten zweiten Börsegang der Wiener Städtischen Versicherung, den Verkauf der staatlichen Telekom-Austria-Anteile und die Kapitalerhöhung der Agrana kommen. Im März und im September wird jeweils über Neuaufnahmen und/oder Streichungen von Aktientiteln im ATX entschieden. Die Hauptkriterien für die Aufnahme bzw. Streichung sind die Liquidität (Börse-Geldumsatz) des Börsetitels und der kapitalisierte Streubesitzt.