Spitzengespräch mit Molterer und Michaelis heute, Dienstag, Abend. | Viel Sprengstoff für AUA-Hauptversammlung am morgigen Mittwoch. | Wien. Muss die AUA den Teppich für den steinreichen Investor aus dem Morgenland wieder einrollen? Geht Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber doch nicht an Bord der österreichischen Fluglinie, obwohl es seit 3. April fix ausverhandelte Verträge für seinen Einstieg als Großaktionär gibt? Faktum ist jedenfalls, dass das Projekt "Regina" seit Tagen auf der Kippe steht. Denn der saudische Milliardär hat offenbar kalte Füße bekommen - und will den Deal im letzten Moment noch platzen lassen.
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Bei der AUA und ihrem größten Aktionär, der Staatsholding ÖIAG, ist nun Feuer am Dach. Seit dem Wochenende wird mit dem arabischen Geschäftsmann hinter verschlossenen Türen fieberhaft verhandelt, um ihn von seinen Rückzugsplänen abzubringen. Ein Ergebnis dieser Gespräche stand am Montag noch aus. Heute, Dienstag, Abend soll es ein Spitzengespräch zum fraglich gewordenen Einstieg Al Jabers geben. Nach Informationen der APA nehmen neben dem Investor selbst auch Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) und ÖIAG-Chef Peter Michaelis daran teil. Die Zeit drängt: Denn morgen, Mittwoch, soll in der AUA-Hauptversammlung jene Kapitalerhöhung abgesegnet werden, über die man Al Jaber - wie ursprünglich bereits vereinbart - als neuen Kernaktionär hereinnehmen will.
Ein hochbrisantes Schreiben
Fix zugesagt hatte der Scheich eine 150 Millionen Euro schwere Geldspritze, für die er laut den Verträgen eine Beteiligung von rund 20 Prozent an der teilstaatlichen Airline bekommen sollte.
Den Stein ins Rollen gebracht hat ein Brief der Rechtsanwälte Al Jabers, der dem Vorstandschef der AUA, Alfred Ötsch, erst vor Kurzem ins Haus geflattert ist. Ötsch bestätigte gestern, Montag, den Erhalt eines Rücktrittsschreibens. Diesem Brief zufolge fühlt sich Al Jaber durch eine "offenkundig unrichtige" Darstellung der Unternehmensentwicklung "in die Irre geführt", wodurch dem Deal "jegliche Grundlage entzogen" werde. Der Saudi spielt hier auf die überraschend hohen Verluste im ersten Quartal an. Wie berichtet hatte die AUA mit einem Minus von 60,2 Millionen Euro geschockt. In der Branche geistern bereits Spekulationen über massive Verluste auch im Gesamtjahr 2008 herum, nachdem im vergangenen Jahr ein winziger Gewinn eingeflogen werden konnte.
Ötsch weist Al Jabers Vorwürfe der Irreführung entschieden zurück. Bei der Jahres-Pressekonferenz Mitte März hatte der AUA-Chef in der Tat kein Hehl daraus gemacht, dass es heuer wegen der exorbitant gestiegenen Spritkosten "verdammt schwer sein wird, den Vorjahreserfolg zu wiederholen".
Ötsch und Michaelis betonen, dass sich Al Jaber juristisch verbindlich zum Einstieg verpflichtet habe. Die Verträge sollen sogar ausdrücklich zwei Klauseln enthalten, die einen Rückzieher wegen des Börsenkurses (der zuletzt in den Keller rasselte) oder des "Marktumfelds" ausschließen. Im Übrigen will die AUA keinesfalls auf das frische Geld verzichten, mit dem die Expansion im Nahen und Mittleren Osten beschleunigt werden soll (unter anderem mit dem Kauf weiterer Flugzeuge).
Ötschs Chefsessel wackelt
Für Ötsch steht dabei viel auf dem Spiel. Scheitert der Deal, ist er seinen Posten im Chefcockpit nach zwei Jahren Amtszeit voraussichtlich bald wieder los.
Kleinaktionäre der AUA haben sich am Montag auf Ötsch bereits eingeschossen. Scharfzüngig richtete Aktionärsrebell Rupert-Heinrich Staller an AUA-Aufsichtsratspräsident Michaelis die rhetorische Frage: "Wie viele Gründe braucht es noch, einen Vorstandschef zu entlassen?" Gleichzeitig kündigte er an: "Die Hauptversammlung wird schrecklich werden." Wilhelm Rasinger vom Interessenverband für Anleger fordert zwar nicht direkt Ötschs Kopf, will in der HV aber von seinem Fragerecht intensiv Gebrauch machen. Er vermisst bei der AUA ein wirksames Kostenmanagement.