Management und Betriebsräte einig über Eckpunkte im neuen Kollektivvertrag. Die AUA soll nun zur Cash-Cow werden.
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Schwechat. Nach zähen Verhandlungen und zwei Jahren Streit stehen jetzt die Eckpunkte im neuen Kollektivvertrag (KV) für das fliegende Personal der Austrian Airlines (AUA). "In den nächsten Tagen wird der Kollektivvertrag zu Gänze getextet", sagt AUA-Chef Jaan Albrecht am Mittwoch vor Journalisten. Feststeht allerdings, dass die 900 Piloten und 2300 Flugbegleiter von der Tyrolian wieder zurück in die AUA überführt werden. Der neue KV tritt voraussichtlich am 1. März 2015 in Kraft. Vor zwei Jahren hatte ja das Management den damals geltenden KV einseitig aufgekündigt und das AUA-Personal in den billigeren Tyrolian-KV überführt. Auch die Bord-Mitarbeiter der AUA-Tochter Tyrolian werden in den neuen AUA-KV überführt. Noch ist unklar, ob alle Mitarbeiter der kleineren Tochter gesellschaftsrechtlich in die AUA überführt werden. Mit dem KV-Abschluss ist nun auch der letzte Punkt im 260 Millionen Euro schweren Sparpaket abgeschlossen.
Offen ist aber die Frage nach den Ausgleichszahlungen für entgangene Löhne der AUA-Mitarbeiter, die zwangsweise in den Tyrolian-KV überführt wurden. Der AUA Vorstand wollte weder die Anzahl der Betroffenen noch die Höhe der Forderungen kommentieren. Der Konzern müsse evaluieren, ob die Rückstellungen für die Abfertigungen reichen. Klaus Flores, Geschäftsführer der Tyrolian und KV-Verhandler seitens der AUA, geht nach der Einigung davon aus, dass der Betriebsrat und die Gewerkschaft ihr Klagen gegen den Konzern zurückziehen und so "Rechtssicherheit durch Klagsverzicht" schaffen würden. Trotz allem wird die AUA aber eine Lösung für die Individualklagen einzelner Mitarbeiter finden müssen.
Dass der Streit mit den Piloten die AUA so lange gelähmt hat, begründet der deutsche Luftfahrtanalyst Jürgen Pieper mit der Macht der Piloten im Konzern. Die Abwicklung des neuen KV mit dem Bodenpersonal ist wesentlich schneller vonstatten gegangen. "Die Piloten sind eine relativ kleine Gruppe, die sehr viel Druck ausüben kann. Sie kämpfen nun mit aller Macht um ihre Privilegien", sagt Pieper zur "Wiener Zeitung". Und ein neuer KV bedeutet eben auch ein Stück weit weniger Privilegien. Die Piloten und Flugbegleiter müssen Gehaltseinbußen und neue, ungünstigere Arbeitszeit- und Pensionsregelungen hinnehmen. Ein neuerliches Scheitern der Verhandlungen hätte aber das Aus für die AUA bedeuten können, denn der Mutterkonzern will Einsparungen sehen.
Erleichterung beider Lufthansa
Auch die Lufthansa kann nun aufatmen. Am Dienstag fand in Frankfurt eine Sonderversammlung des AUA-Aufsichtsrates statt, bei der altnative Sparpläne diskutiert werden sollten, falls die Einigung mit dem Betriebsrat doch platzen sollte. Gestern waren noch Gerüchte in Umlauf gekommen, wonach die AUA dezimiert werden sollte oder gar in eine Billigairline umgewandelt werden sollte. Nachdem aber eine Einigung schon Dienstagabend in Sicht war, sei das im Aufsichtsrat gar nicht mehr diskutiert worden, erklärt Albrecht vor Journalisten. Lufthansa-Chef Carsten Spohr wolle die AUA weiterhin als Qualitätsairline betreiben. "Die Einigung ist für Austrian Airlines die beste aller Varianten. Wir konnten einen allfälligen Umbau noch rechtzeitig verhindern", sagt Albrecht in einer Aussendung. Jedenfalls habe der Aufsichtsrat grünes Licht für die KV-Vorschläge gegeben.
Nach den umfangreichen Sparmaßnahmen will die AUA in den kommenden Jahren Geld für neue Investitionen in die Hand nehmen. Insgesamt soll eine Milliarde Euro in modernere und effizientere Mittelstreckenflugzeuge, in den Ausbau der Langstreckenflüge - der Gewinnbringer der AUA - und in eine eventuelle Neupositionierung der Marke fließen. Ob die Airline die Milliarde tatsächlich selbst stemmen kann, hänge allein vom Zeitplan und den Effekten der Einsparungen ab, erklärt Pieper. Neues Geld wird es von der Mutter aber wohl nicht mehr geben, die die AUA endlich auf Erfolgskurs sehen will. "Es geht darum, dass man sich erneuert und moderner wird", sagt der Analyst. Traditionelle Luftfahrtgesellschaften hätten mit besonders harten Bedingungen zu kämpfen: Billigfluglinien mit geringen Personalkosten und Konkurrenz durch staatlich subventionierte Fluglinien aus dem Nahen Osten. Lange Zeit sei aber die Konkurrenz ignoriert worden und die Bereitschaft für Veränderungen bei Personal und Management sei sehr gering gewesen. Pieper sieht die AUA nach der Einigung auf einem guten Weg zur Sanierung.
Als Benchmark für die krisengebeutelte AUA gilt bei der Lufthansa die 2007 übernommene, ehemals staatliche Swiss Air. Diese hat im Vorjahr einen Gewinn von 217,5 Millionen Euro abgeworfen, also zehn Mal mehr als die AUA. "Die Swiss war damals auch am Ende. Nach der Neugründung und mit drastischen Veränderungen und Kürzungen in einem großen Konzern ging es dann bergauf", sagt Pieper. Die Umstrukturierungen sollen nun auch aus der AUA eine gewinnbringende Airline machen. Die Erträge dürften aber nicht sofort in die Höhe schießen, weil die AUA mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen hat. Die 25 Millionen Euro an Betriebsgewinn im Vorjahr sind hauptsächlich auf die Einsparungen im Konzern zurückzuführen. Davor war die AUA jahrelang nicht aus den roten Zahlen gekommen.