"Für ein gutes Konzept mit strategischem Partner wird sich Kapital finden." | Uniqa setzt weiter auf Wachstum im Ausland. | Ost-Zukäufe durch Finanzkrise günstiger. |
§§"Wiener Zeitung": Beim Verkauf der AUA soll eine Sperrminorität von 25 Prozent und einer Aktie in österreichischen Händen bleiben. Bisher sind jedoch so gut wie keine privaten Investoren in Sicht, die Interesse hätten, der Staatsholding ÖIAG Anteile abzukaufen. Wäre die Uniqa dazu bereit? *
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Konstantin Klien: Über unseren Kernaktionär Raiffeisen sind wir schon namhaft beteiligt - mit 3,4 Prozent. Und das ist es. Damit haben wir bereits unseren Anteil am Ost-Engagement im Sinne einer Stabilisierung des Hubs Wien geleistet.
So wie es aussieht, wird die ÖIAG auf einem Teil ihrer AUA-Aktien sitzen bleiben.
Das glaube ich eher nicht. Für ein gutes Konzept mit einem strategischen Partner wird sich Kapital finden.
Bei der Partnersuche für die AUA geht es auch um eine Lösung für den Flughafen Wien als wichtigen Standortfaktor. Ist Ihnen so wie anderen Manager-Kollegen um dessen Zukunft bange?
Ein strategischer Partner der AUA wird erkennen, dass es ein sinnvolles Streckennetz von Wien aus gibt. Über Wien wird heute von Banken und Versicherungen ein Viertel bis ein Drittel des gesamten osteuropäischen Finanzdienstleistersektors gesteuert. Daher ist es sinnvoll, dass die AUA ein entsprechendes Netz anbietet.
Im Fall eines Einstiegs der Lufthansa könnte allerdings ein Großteil des Osteuropa-Verkehrs nach München abgezogen werden und damit wäre der Flughafen Wien tot.
Keineswegs - man wird doch nicht ein Fenster für andere Airlines öffnen, die dieses Geschäft dann machen. Ein sinnvoller strategischer Partner wird diese Frequenz nicht verlieren wollen, das ist ja viel Geschäft.
Aber selbst wenn ein strategischer Partner das abziehen würde, wäre es nicht so, dass alle Wiener Finanzdienstleister in Zukunft über München oder Frankfurt fliegen. In diesem Fall würden andere Fluglinien in diese Lücke stoßen, und dieses Geschäft hätte dann weder die AUA noch ihr Partner.
Themenwechsel: Wir sind bereits im zweiten Jahr der internationalen Finanzmarktkrise, diese hat auch Ihr Haus getroffen. Ist ein baldiges Ende der Turbulenzen absehbar?
Vor einem Quartal war ich noch der Meinung, die Finanzmärkte müssten sich bis zum Halbjahr stabilisieren. Das ist nicht der Fall gewesen. Es dauert offenbar länger. Ich will mich da aber nicht konkret festlegen, wie lange noch.
Wieviel Geld hat die Uniqa durch ihr Engagement in strukturierte Finanzprodukte seit Ausbruch der Krise tatsächlich verloren?
An echten Ausfällen waren es neun Millionen Euro, und dabei ist es von September bis Ende Juli geblieben. Daneben haben wir im Subprime-Bereich Ende 2007 das Zwölffache zu dem wertberichtigt, was an echten Ausfällen war. Im zweiten Quartal ist kaum mehr etwas gewesen. Dass es noch zu Abwertungen kommen kann, schließe ich aber nicht aus. Man muss jetzt abwarten.
Grundsätzlich glaube ich aber, dass die internationalen Bilanzierungsregeln IFRS hier nicht echte Marktwerte liefern und damit eine Spirale nach unten in Gang gesetzt haben. Vor allem bei den Banken hat das extreme Eigenkapital-Probleme ausgelöst. Der Unterschied zwischen den IFRS-Wertberichtigungen und den echten Ausfällen ist ja riesig. Nur deshalb abwerten zu müssen, weil im Moment kein Markt besteht, halte ich für verkehrt. Wenn kein Markt da ist, kann man nicht von Fair Value sprechen. Für Situationen, wie wir sie jetzt haben, wird man sich im IFRS neue Spielregeln überlegen müssen.
Können Sie der Finanzmarktkrise auch positive Seiten abgewinnen?
Generell hat sie dazu beigetragen, dass beim Kauf osteuropäischer Versicherer wieder realistische Preise bezahlt werden. Die Preise, die wegen der starken Wachstumsdynamik in Osteuropa bereits überhitzt waren, sind seit Jahresanfang seitwärts gegangen und beginnen jetzt zu fallen - auf Größenordnungen, die sich in Relation zum Prämienbestand dem tieferen westeuropäischen Niveau annähern.
Regt das Ihren Appetit auf weitere Akquisitionen im Osten zusätzlich an - nach dem erst kürzlich fixierten Kauf der rumänischen Unita?
Nein, nicht unbedingt. Wir setzen in den 20 Märkten, wo wir sind, vor allem auf starkes organisches Wachstum.
Investitionen in Vertriebskapazität und Infrastruktur werden in den nächsten zwei bis drei Jahren an Bedeutung gewinnen. Marktanteile verteilen sich in Osteuropa schneller neu, als das in Westeuropa der Fall ist. Und daher können Marktanteilsverschiebungen auch über organisches Wachstum signifikant stattfinden. Das ist ein wesentlicher Hebel, um nachhaltig ausreichende Marktanteile zu haben. Für uns ist dabei entscheidend, beim Wachstum wie bisher über dem ohnehin schon starken Marktdurchschnitt zu liegen.
Nichtsdestotrotz pokert die Uniqa gerade um die Adriatic Slovenica, die zweitgrößte slowenische Versicherung, und soll mit einem Gebot von 280 Millionen Euro die Nase vorn haben. Wie ist da der Stand?
Wir haben ein unverbindliches Angebot gelegt und sind einer von denen, die auf der Shortlist (in der engeren Auswahl, Anm.) sind. Mehr kann ich dazu nicht sagen, weil wir in laufenden Verhandlungen sind.
Bei der rumänischen Astra will die Uniqa von einem Minderheits- auf einen Mehrheitsanteil aufstocken. Kommt der Deal noch dieses Jahr zustande?
Das hängt vom Verkäufer, dem rumänischen Geschäftsmann Dan Grigore Adamescu, ab. Der Zeitdruck ist jedenfalls nicht auf Seiten der Uniqa, weil wir ja mit der Übernahme der Unita unseren Zielmarktanteil von fünf Prozent bis 2010 in der Sachversicherung bereits erreicht haben.
Wie steht es mit Ihren Plänen für den Markteintritt in Russland?
Im Moment läuft uns da noch nichts davon. Wir warten darauf, dass gute gesetzliche Rahmenbedingungen für die fondsgebundene Lebensversicherung kommen, und beobachten, wie sich die Bankenversicherung entwickelt. Sobald es die Voraussetzungen gibt, ist dieses Thema auch für den Bankenvertrieb von Versicherungen von großem Interesse.
Und das könnte einen starken Wachstumsboom auslösen - wir würden das dann über Raiffeisen, unseren bevorzugten Bankpartner, machen, ohne aber einen Versicherer vor Ort zu kaufen. Russland ist so groß. Dort ein eigenes Netz außerhalb des Bankennetzes aufzuziehen, ist sehr kapitalintensiv.
Schon seit längerem gilt der Versicherungsmarkt in Österreich ähnlich wie der Bankenmarkt als weitgehend gesättigt. Sind die heimischen Versicherer deshalb gezwungen, Profitabilität und Wachstum in den osteuropäischen Reformländern zu generieren?
So würde ich das nicht sagen. Die Uniqa hat ihre Profitabilität in Österreich in den letzten Jahren stark gesteigert, ähnliches gilt für die Wiener Städtische. Wir haben die Kosten hinuntergefahren, den Vertrieb ausgebaut und tendenziell Marktanteile gewonnen.
Natürlich wäre das Wachstum der letzten acht Jahre für die Uniqa nicht möglich gewesen, hätte man sich nur auf den Heimmarkt konzentriert. Wir haben den Auslandsanteil an den Gesamtprämien von fünf Prozent 1999 auf heute an die 34 Prozent gesteigert. 2012 schätzen wir, dass das schon 50:50 sein könnte.
Die gesamte Branche sucht derzeit verzweifelt Mitarbeiter für den Vertrieb in Österreich und bekommt sie nicht. Bei der Uniqa geht es um rund 300 Leute.
Dass wir sie nicht kriegen, hat vor allem mit der Vollbeschäftigung zu tun. Da ist es schwierig, Leute aus anderen Berufen davon zu überzeugen, in ein neues berufliches Umfeld zu wechseln.
Wir haben jedenfalls das Ziel, die Vertriebsaktivitäten bis 2010 auszuweiten, weil es noch immer gerade in der Vorsorge eine Lücke gegenüber Westeuropa gibt und Beratung hier sehr wichtig ist. Daneben haben wir natürlich auch das Problem, dass Mitarbeiter in Pension gehen und man Prämienbestände übertragen muss, damit sie entsprechend betreut werden. Sonst laufen einem die Bestände weg - zur Konkurrenz.
Welche Wünsche haben Sie denn an die künftige Bundesregierung?
Dass die Rahmenbedingungen in der Vorsorge so gestaltet werden, dass die Dritte Säule unterstützt wird, indem man etwa die prämiengeförderte Zukunftsvorsorge für die Pflege öffnet - auch mit der Möglichkeit eines Einmalerlags. Was ebenfalls wünschenswert wäre: dass Fachkräfte, wenn sie in Flat-Tax-Ländern tätig sind, beim Jahresausgleich steuerlich nicht diskriminiert werden.
"Ein strategischer Partner der AUA wird erkennen, dass es ein sinnvolles Streckennetz von Wien aus gibt."
"Wir haben ein unverbindliches Angebot für die Adriatic Slovenica gelegt und sind einer von denen, die auf der Shortlist sind."
Zur Person
Konstantin Klien gilt als einer der mächtigsten Versicherungsbosse des Landes. An der Vorstandsspitze des börsenotierten Uniqa-Konzerns steht er seit Anfang 2002.
Geboren wurde Klien am 26. April 1951 in Niederösterreich. Nach der Matura und seinem Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien war er vorerst für Arthur Andersen Unicont, eine Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungskanzlei, tätig. Seine Karriere in der Versicherungsbranche begann Klien 1978 bei der Nordstern, wo er acht Jahre später in den Vorstand berufen wurde und dort die Verantwortung für die Bereiche Lebensversicherung und Marketing übernahm. Ab 1991 war er als Chef der AXA Colonia Österreich tätig.
Zum Uniqa-Konzern wechselte Klien im Herbst 2000, wo er zunächst Vize-Generaldirektor war, ehe er als Nachfolger von Herbert Schimetschek im Chefsessel Platz nahm.
Klien ist verheiratet und hat einen Sohn. Er ist ambitionierter Kunstsammler, der sich auf Werke österreichischer und ungarischer Künstler aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spezialisiert hat.